Neue Gärten braucht das Land!

von Sabine Reber 1. September 2015

«Wir brauchen mehr Bäume, Sträucher, wir brauchen Schatten und offene Flächen, wir brauchen Biodiversität und eine möglichst grosse Vielfalt – wobei ich Zuzügler und Zuzüglerinnen ausdrücklich willkommen heissen möchte.»

Zu den grössten Herausforderungen der nächsten Legislatur werden Energiewende und Flüchtlingspolitik gehören. Beide Themen hängen direkt zusammen. Der Klimawandel verschärft bereits die Armut in der Welt und wird in Zukunft zu weit grösseren Flüchtlingsströmen führen, als wir sie heute durch Krieg, Verfolgung und Vertreibung kennen. Die Ursachen angehen heisst, wirkungsvolle Klimapolitik und biologische Landwirtschaft betreiben. Nur auf gesunden, fruchtbaren Böden kann längerfristig genug Nahrung für alle wachsen. Und selbstverständlich brauchen die Menschen, die auf der Flucht zu uns finden, Schutz und nicht Hetze. Sie brauchen Boden unter den Füssen. Schaffen wir mehr Gemeinschaftsgärten, an denen sich Menschen aus allen Ländern beteiligen können. Eigenes Gemüse anzubauen, vermittelt ein wenig Heimat und hilft, Identität und Würde zu wahren. Und wir profitieren von neuen Gärten sowieso.

In den Asphaltwüsten unserer Städte und Agglomerationen zeigt sich der Klimawandel immer stärker; im Sommer wird es unerträglich heiss, auf starken Regen folgen Überschwemmungen. Mehr Grün statt Grau würde helfen, die Folgen der klimatischen Veränderungen abzufedern. Wir brauchen mehr Bäume, Sträucher, wir brauchen Schatten und offene Flächen, wir brauchen Biodiversität und eine möglichst grosse Vielfalt – wobei ich Zuzügler und Zuzüglerinnen ausdrücklich willkommen heissen möchte. Wir sollten nicht solche Angst haben vor dem Fremden. Nicht vor den Menschen und auch vor fremden Pflanzen nicht. Die Welt verändert sich, sie hat sich schon immer verändert. Reden wir über Chancen und darüber, wie wir am besten zusammen leben können mit den neu entstehenden Verhältnissen. Reden wir darüber, wie wir die Familien- und die Erwerbsarbeit, wie wir das Geld und den Boden aufteilen, so dass alle ein Auskommen finden.

Lebensgrundlagen erhalten

«Neue Gärten braucht das Land!» heisst, unser Umfeld gemeinsam lebenswerter zu gestalten. Brechen wir den Asphalt auf, verwandeln wir triste Innenhöfe und Parkplätze in lebendige Gartenflächen. Früher gab es fast vor jedem Haus ein Gärtchen. Insofern ist Urban Gardening nichts Neues, es ist eine logische Rückeroberung. Die urbanen Gärtner haben begriffen, dass wir die Welt hier und jetzt und da verändern können, wo wir leben, nämlich mitten in der Stadt und in den Agglomerationen. Viele trauen den industriellen Lebensmitteln nicht mehr, lieber ernten sie ihren eigenen Biosalat vom Balkon.

Aber natürlich geht es auch darum, wie wir im grösseren Zusammenhang urbane Lebensräume gestalten können, in denen wir uns wohl fühlen. Wenn das Leben daheim im Quartier wieder fägt, könnten viele Flugmeilen und vielleicht sogar die zweite Gotthardröhre gespart werden. Wenn wir weniger in der Welt herumfliegen und nicht mehr an jedem freien Wochenende in den Süden fahren, wäre für den Klimaschutz schon etwas erreicht. Aber mit dem Wörtchen «wäre» ist es bekanntlich so eine Sache. Wir sollten das eine tun, das andere aber keinesfalls lassen: Es reicht nicht, daheim zu gärtnern, wir müssen auch in der neuen Legislatur in Bern für die Energiewende und den Atomausstieg kämpfen! Beides würde eine bürgerliche Mehrheit gerne rückgängig machen, ebenso wie den Gewässerschutz – das neue Parlament wird zum Beispiel über den «Aktionsplan Pestizide»beschliessen; heute sind viele Fliessgewässer immer noch stark mit Gift aus der Landwirtschaft belastet. Während daheim die Sonnenblumen spriessen, gilt es, sich in Bern mit allen Kräften für einen wirkungsvollen Klimaschutz und die Grüne Wirtschaft einzusetzen.

Und nicht zuletzt sehe ich die Aufgabe der Politik darin, das Wachsen und Gedeihen, das Leben und zusammenhalten in den Gemeinden zu ermöglichen, und ganz sicher nicht denen, die sich noch für die Allgemeinheit engagieren, die letzten Mittel wegzukürzen! Das gilt bei uns in Biel und im Kanton Bern genauso wie auf der globalen Ebene: Wir müssen kämpfen für mehr Gerechtigkeit, kämpfen gegen die Saatgut-, Gentech-, und Chemiemultis, die die Menschen in die Abhängigkeit treiben. Das globale Ziel ist immer noch und jetzt erst recht: Nahrung und Frieden für alle, das ist der grosse Garten, den es zu pflegen gilt. Grüne Politik heisst eben auch, sich nicht einfach im eigenen Biogärtchen zu verschanzen, sondern sich hier und jetzt für eine gerechtere Welt einzusetzen. Lasst uns gemeinsam säen und pflanzen, damit eine bessere Zukunft für alle gedeihen kann.

Neue Gärten braucht die Welt!