Nahoststudien fortan an neuem Departement

von RaBe Info 20. August 2024

Ein umstrittener Tweet führte zur Auflösung des Berner Instituts für Nahoststudien. Nun entsteht ein neues Departement, das Islamwissenschaft und verwandte Disziplinen vereint. Ein Audiobeitrag.

Es war ein Post mit langem Nachspiel. Nach dem 7. Oktober twitterte ein Mitarbeiter des  Institut für Studien zum Nahem Osten und zu muslimischen Gesellschaften (ISNO) der Universität Bern einen gewaltverherrlichenden Beitrag. Ihm wurde gekündigt, interne Untersuchungen eingeleitet. Diese zeichneten das Bild eines tief gespaltenen Instituts. Die Rede war von schlechter Personalführung und einer Vermischung von akademischer und politischer Arbeit. Im Februar gab die Unileitung bekannt, das ISNO aufzulösen. Das habe mit der inhaltlichen Forschung aber nichts zu tun, betont die neue Rektorin Virginia Richter mit Nachdruck. Am Institut sei immer seriöse Forschung betrieben worden.

An der philosophisch-historischen Fakultät der Universität Bern wird darum jetzt umgekrempelt. Es entsteht ein neues Departement für Sozialanthropologie, Religionswissenschaft und Vorderorientalische Sprach- und Kulturwissenschaft. Die drei Fächer waren bis anhin in voneinander unabhängigen Instituten organisiert. Peter Schneemann, Dekan der philosophisch-historischen Fakultät, erachtet es für sinnvoll, diese drei Fächer näher zusammenzubringen. Die Studierenden sollen in Zukunft eine gemeinsame methodische Ausbildung erhalten. Wie Interviews geführt werden, wie Beobachtungen aufbereitet werden, was eine Hypothese ist und wie sie angenommen oder verworfen wird in Zukunft fächerüberbreifend vermittelt, erklärt Virgina Richter.

Studierende können in Bern also weiterhin Islamwissenschaft studieren, fortan heisst das Studienfach offiziell Mittlerer Osten und muslimische Gesellschaften.

Zudem sollen Studierende der Islamwissenschaft in Zukunft neben Arabisch und Türkisch auch Neuhebräisch erlernen können. Die Hebräische Sprache zu beherrschen könne für Studierende, die sich mit dem Nahostkonflikt auseinandersetzen, fundamental wichtig sein, so die Universitätsleitung. Zudem werden auch Kurse zum modernen Judentum angeboten. Möglich macht dieser Fokus eine Kooperation mit der Judaistik.

Die Polarisierung am Institut für Studien zum Nahen Osten und zu muslimischen Gesellschaften habe in den letzten Wochen spürbar abgenommen, so die neue Unirektorin Virginia Richter (Foto: Universität Bern).

Durch das Zusammenführen der Sozialanthropologie, der Religionswissenschaft und der Islamwissenschaft in ein gemeinsames Departement sollen die Studienfächer inhaltlich und methodisch breiter aufgestellt werden. Ist die inneruniversitäre Krise damit überwunden? Rektorin Richter zeigt sich optimistisch: In dem Untersuchungsbericht vom Februar war einer politischen Polarisierung innerhalb des Instituts die Rede, diese habe in den letzten Wochen spürbar abgenommen.

Studierende können in Bern also weiterhin Islamwissenschaft studieren, fortan heisst das Studienfach offiziell Mittlerer Osten und muslimische Gesellschaften. Mit der Einebttung des Studienprogramms in das neue Departement soll ein Beitrag zum Verständnis eines komplexen Konflikts geleistet werden, betont Peter Schneemann. Das sei angesichts der polarisierten Weltlage wichtiger denn je.