«Mönsche vo Bärn» – Linda Hadorn

von Simon Klopfenstein 31. Januar 2013

Ein Gespräch über Fanarbeit, Fankurven, Sicherheit, Dialogkultur, Idealismus und das umstrittene Hooligan-Konkordat.

Wenn jemand etwas über Fussballfans und das Hooligan-Konkordat zu erzählen weiss, dann ist es Linda Hadorn. Die 28-jährige Bernerin ist Mitglied der Geschäftsleitung von Fanarbeit Schweiz.

Gegründet 2005 ursprünglich als Dachverband für lokale Fanarbeitsstellen, weiteten sich die Zuständigkeitsbereiche der Fanarbeit Schweiz immer mehr aus. Heute beschäftigen sich die Mitglieder mit Interessensvertretung, Forschungsarbeit, Weiterbildung von neuen Mitarbeitern und noch vielem mehr. Auch der Ruf der Fanarbeit hat sich über die Jahre zum Positiven gewandelt: Anfangs nur geduldet, ist die Meinung der Fanarbeit Schweiz als Akteur in der Sicherheitsdiskussion heute zunehmend gefragt.

«Sicherheit ist nicht nur Abwehr und Verteidigung, sondern auch Vertrauen und Verlässlichkeit im Umgang mit den Mitmenschen.»

Linda Hadorn, Fanarbeit Schweiz

Neue Jugendsubkultur

Einer der Gründe für das wachsende Gewicht der Fanarbeit ist sicherlich die rasch anwachsende Anzahl Fans in den letzten Jahren. Viel wichtiger jedoch ist, dass sich auch die Fankultur verändert hat. Waren früher noch Hooligans ein auffälliges Merkmal von Fankurven, so sind dies heute die Ultras. Fans, die sich aussergewöhnlich stark mit ihrem Verein identifizieren. Bei der Fanarbeit Schweiz stellt man fest, dass sich in Fankreisen eine neue Jugendsubkultur herausgebildet hat. Wie jede andere Jugendbewegung auch, wollen diese ihre Grenzen austesten und wenden sich teilweise gegen die herrschende Gesellschaft. Zu ihren Werten gehören: Freiheit, Autonomie, aber auch Zusammenhalt und Mitbestimmung.

Linda Hadorn wirft gerne einen Blick in die Kurvenzeitungen («Fanzines»). Wer bloss die Organisation der Anreise zum nächsten Auswärtsspiel erwartet, der liegt falsch. Die Fans setzen sich auch mit gesellschaftskritischen Themen und lokalen Geschichten auseinander. Auch das zahlreiche Erscheinen zur Podiumsdiskussion letzten Montag, ist Ausdruck des steigenden politischen Bewusstseins in den Fankurven.

Kritik am Hooligan-Konkordat

Diese neu entstandene Subkultur ist einer der Gründe, warum sich die Fanarbeit Schweiz und auch Linda Hadorn persönlich gegen das verschärfte Konkordat zur Wehr setzen. Durch verstärkte Massnahmen, so Hadorn, fühlten sich die Fans in ihrer Subkultur bedroht, was wiederum dazu führe, dass sie eine Verteidigungshaltung einnehmen, welche die Grenzen zur Legalität teilweise verschwimmen lässt. Ziel der Fanarbeit ist es darum auch, eine Radikalisierung der Jugendsubkultur zu verhindern und konstruktive Lösungen mit den Fans zu erarbeiten.

«Mit dem Konkordat werden rechtliche Grundlagen in Frage gestellt und ein paralleles Strafrecht aufgebaut.»

Linda Hadorn, Fanarbeit Schweiz

Das Hooligan-Konkordat wurde ursprünglich mit der Begründung eingeführt, eine rechtliche Handhabe gegen ausländische Fans an der Euro 2008 zu haben. Zwei Jahre später wurde dieses jedoch auch auf die Schweizer Ligaspiele ausgeweitet. Ein Zeitraum von zwei Jahren sei viel zu kurz, um schon Ergebnisse des ersten Konkordats auszuwerten, geschweige denn, ein neues, noch restriktiveres einzuführen, erklärt Linda Hadorn. Laut Hadorn würde das Schweizer Strafrecht vollkommen ausreichen, um die Übeltäter im Umfeld von Sportveranstaltungen zur Rechenschaft zu ziehen. Das Konkordat läuft offiziell unter Verwaltungsrecht. Wenn man jedoch die einzelnen Bestimmungen genauer betrachte, so werde erkennbar, dass es sich dabei quasi um ein paralleles Strafrecht handle. Denn es baue nicht auf Prävention auf – wie im Verwaltungsrecht eigentlich üblich – sondern auf Rechtsgrundsätzen, welche nicht einmal im Strafrecht vorzufinden sind. So sind beim verschärften Konkordat weder die Unschuldsvermutung noch die Beweispflicht vorzufinden.

Obwohl der Einsatz für Anliegen von Fussballfans nicht immer einfach ist, übt Linda Hadorn ihren Traumjob aus. Sie kann darin ihre moralischen Überzeugungen vertreten: «Ich kämpfe für gegenseitige Wertschätzung, man kann nicht einfach den Leuten sagen, was sie zu tun haben, sondern man muss versuchen gemeinsam Lösungen zu finden.»