Mit Stock und Gabel gegen den Angreifer

von Annina Häusli 17. März 2013

Im Marudojo an der Aare wird eine seltene Kampfkunst gelehrt: Kobudo, was übersetzt so viel wie «alte Kampfkunst» bedeutet. Marko Marffy, der Sensei des Dojos, gewährt einen Einblick in die Kunst des Kobudo.

Das Marudojo befindet sich direkt an der Aare im Gassnerareal. Im Dojo selbst ist es ruhig, nur ab und zu hört man die Kampfschreie der Trainierenden. Der Trainingssaal darf nur barfuss oder mit Socken betreten werden. Acht Schüler trainieren unter der Leitung von Marko Marffy Kobudo. Man kann es auch als «Karate mit Waffen» bezeichnen. Viele Schülerinnen und Schüler kommen über Karate auf die Idee, auch Kobudo auszuprobieren, nur wenige trainierten ausschliesslich Kobudo, erzählt Marko Marffy.

Körperhaltung und Mechanik im Fokus

Im Kobudo werden viele verschiedene Gegenstände eingesetzt, die von den alten Japanern zu Waffen umfunktioniert wurden. Im Marudojo wird hauptsächlich mit dem «Bō», einem 1.82 cm langen Stock, und dem «Sai», einer dreizackigen Gabel, trainiert. Daneben werden auch «Tonfa» (Schlagstöcke), «Nunchaku» (Zaumzeug) und «Eiku» (Paddel) eingesetzt. «Die Spitze des Sai war ursprünglich spitz, aber das ist natürlich zu gefährlich, deshalb werden heute nur stumpfe Sai verwendet», erklärt Marffy.

«Im Ernstfall könnte man einen echten Angriff auch wirklich abwehren.»

Marko Marffy, Dojo-Gründer und Kobudo-Trainer

Marffy, welcher das Dojo im Sommer 2005 gegründet hat, ist davor ein Jahr lang auf den Spuren des Karate durch Asien gereist. In Okinawa, eine Japan zugehörige Insel, traf er das erste Mal auf Kobudo. «Ich war sofort fasziniert von der Ästhetik», schwärmt Marffy. Dort lernte er bei den Nachfahren der Matayoshi-Familie Matayoshi Kobudo Kodokan, einen von vielen Stilen, die es im Kobudo gibt. Der Stil des Matayoshi Kobudo Kodokan unterscheidet sich von anderen Stilen dadurch, dass der Schwerpunkt nicht auf der Ästhetik liegt, sondern auf der Körperhaltung und der Mechanik. «Im Ernstfall könnte man einen echten Angriff auch wirklich abwehren, bei einigen anderen Stilen ist dies nicht der Fall», erläutert Marffy die Besonderheiten. «Erkennen kann man den Stil meistens sofort daran, dass der Stock aussen, und nicht unter dem Arm geführt wird.»

Eins-gegen-eins-Wettkämpfe wären zu gefährlich

Damit er Kobudo weiterhin nach den Lehren seines Sensei in Okinawa anderen beibringen darf, reist Marffy einmal pro Jahr mit seinen Schülern nach Japan, um seine Fähigkeiten zu trainieren.

Die Familie Matayoshi sei besonders wichtig, meint Marffy. «Es geht nicht um den Wettkampf.» Wettkämpfe, auch das gibt es im Kobudo. Allerdings nie eins gegen eins, das wäre viel zu gefährlich. «Es gab Versuche mit gepolsterten Stöcken und gepanzerten Kämpfern, aber das wurde schnell wieder aufgegeben, da immer noch sehr viel schiefgehen konnte», führt Marffy aus. Dafür gibt es, ähnlich wie im Eiskunstlauf oder Kunstturnen, Noten für bestimmte Abfolgen für Formen. Entweder treten alle nacheinander an und derjenige mit den meisten Punkten gewinnt, oder es wird im K.o.-System gegeneinander angetreten.

Kobudo sei eine Randsportart in der Randsportart, sagt Marffy schmunzelnd. Insgesamt unterrichtet er in seinem Dojo 15 Schülerinnen und Schüler. Der Einstieg in Kobudo gestaltet sich schwierig, besonders wenn man zuvor noch nie Karate oder eine ähnliche Kampfsportart ausgeübt hat. «Es dauert etwa drei bis vier Trainings, bis man die Waffen richtig halten kann», meint Marffy. Dafür werde es danach aber etwas leichter.

«Es dauert etwa drei bis vier Trainings, bis man die Waffen richtig halten kann.»

Marko Marffy, Dojo-Gründer und Kobudo-Trainer

Auch viel Arbeit gibt es, die ganzen Folgen der verschiedenen Formen und ihre Namen auswendig zu lernen. Etwa ein halbes Jahr dauere dies, schätzt Marffy. Geschlechterunterschiede gibt es beinahe keine. «Es spielt keine Rolle, ob man ein Mann oder eine Frau ist. Beide können Kobudo gleich gut ausüben», sagt Marffy. Er habe jedoch beobachtet, dass männliche Anfänger zuerst mehr mit Muskelkraft versuchen die Waffen zu führen. Darum geht es jedoch nicht. Es geht darum, mehr aus der Bewegung heraus zu führen. «Kobudo ist die Arbeit an der eigenen inneren und äusseren Haltung.»