Das Ende vom Juni läutet wie jedes Jahr die Sommerzeit in den Berner Klubs ein. Sie schliessen ihre Türen für die kommenden langsamen Sommermonate. Genau zu diesem Zeitpunkt eröffnet das Stellwerk Bern zum ersten Mal seine Türen. Mit einem Tag der offenen Tür, Konzerten von SGB, Sulaya und der Chaostruppe, sowie einer Party am zweiten Abend, startet das Stellwerk seine erste Sommersaison.
Den Berner*innen stand somit bereits ab dem Eröffnungswochenende ein vielfältiges Angebot zur Verfügung – mitten in der Sommerpause. «Doch wir wollen aufmachen, wir wollen zeigen, dass wir da sind!», sagt Philippe Eggenschwiler, Co-Geschäftsführer des Kulturlokals, zum ungewöhnlichen Eröffnungszeitpunkt. Trotz spezieller Startsituation wollte das Team Präsenz markieren und der Stadt Bern und ihren Einwohner*innen das kulturelle Angebot so bald wie möglich zur Verfügung stellen.
Uns ist wichtig, dass alle hier willkommen sind.
Dieser erste Sommer festigte die Position des Kulturlokals für den Saisonstart der Berner Klubszene im Herbst. Eine Zeit, die es erlaubte, auch mal Fehler zu machen, zu lernen und neue Ideen auszuprobieren. «Der Entscheid im Juni aufzumachen ist mitunter auch aufgrund des fixfertigen Lokals, das wir nicht zu lange leer stehen lassen, und so der Öffentlichkeit vorenthalten wollten», meint Eggenschwiler.
Doch auch der Leistungsvertrag mit der Stadt Bern hat den Entscheid zu eröffnen mit beeinflusst. Dieser sieht vor, dass das Stellwerk Nachtleben für Jugendliche ab 16 Jahren und Jugend-kulturelle Förderung anbietet. Dafür erhält das Lokal eine jährliche Abgeltung. Zudem zahlt die Stadt Bern die Miete des Lokals. Das Angebot des Stellwerks beschränkt sich aber nicht auf die im Leistungsvertrag aufgelisteten Punkte. So ist beispielsweise das Bistro-Angebot nicht Teil des Vertrags, jedoch verlangt dieser ein konsumpflichtfreies Angebot.
Mehr als nur ein Klub
Nur wenige Minuten vom Hauptbahnhof entfernt, kombiniert das Stellwerk Gastronomie, Kultur und Veranstaltungsraum. «Wir sind mehr als nur ein Klub», sagt Eggenschwiler. Was damit gemeint ist, wird allen Besucher*innen des Lokals schnell klar. Mit farbigen Girlanden geschmückt, lädt der Aussenbereich zum Entspannen und Kaffee trinken ein.
Im Innenbereich, an der Garderobe vorbei führt ein Gang zum Hauptraum mit Tanzfläche und Bühne. Tische, Stühle und Bar sind ab 10 Uhr morgens aufgestellt und bereit für die ersten Gäste. Gegen Abend bereitet sich das Team auf den Apéro-Betrieb vor, was besonders in den lauen Sommernächten viel Anklang fand. Am Herzstück des Lokals vorbei befinden sich weitere Räume, wie Tanzstudio, Lernplätze, Sitzungszimmer oder zukünftig auch ein Tonstudio.
Die diversen Räume wurden in den Sommermonaten noch nicht so oft genutzt, wie gewünscht. Mit der kommenden Herbstsaison, erhofft sich das Team eine erhöhte Nachfrage, um das Potential der Angebote komplett auszuschöpfen.
Diversität und Integration
«Uns ist wichtig, dass alle hier willkommen sind», sagt dazu der zweite Co-Geschäftsführer Tobias Moser. Das Team strebt eine bunte Durchmischung an und will so Synergien nutzen. Menschen verschieden Alters sollen sich im Stellwerk vernetzen, gemeinsam Projektideen durchführen und so das Lokal auch mitgestalten. «Kein alter staubiger, Keller mit Töggelikasten, wo ein wenig Musik im Hintergrund läuft. Das Stellwerk soll viel mehr sein», meint Moser weiter.
Partizipationsveranstaltungen, um Jugendliche mit in den Verein einzubinden, wurden diesen Sommer noch nicht durchgeführt. Zu viele Bernerinnen und Berner sind in den Sommermonaten in den Ferien und der Andrang wäre zu klein gewesen. Dass Jugendliche jedoch bald mit einbezogen werden, ist nun in Planung und wird sich im Verlauf des Herbstes verändern.
Zwischen den Lokalen wie der Reitschule, Karma Klub, Kapitel oder Le Ciel, welche die Ausgangsszene in Bern prägen und gezielt unterschiedliche Gruppen ansprechen, ist unklar wo das neue Lokal andocken und welche Teile der Berner Bevölkerung es mit ihrem Angebot ansprechen will. «Wir wollen Kids mit unterschiedlichen Hintergründen eine Plattform bieten und Unterscheiden uns somit von anderen Berner Klubs», antwortet Eggenschwiler auf diese Frage.
Verschiedene Szenen und Gruppierungen sollen mit den Angeboten unter einem Dach vereint werden und das Angebot des Stellwerks nutzen. Doch wie schafft es der Verein, Jugendliche mit verschiedenen Interessen, sowie verschiedenen sozio-ökonomischen Hintergründen im Stellwerk zusammenzubringen? Eine Frage, die sich Moser und Eggenschwiler selbst oft stellen. Das Booking-Team kommt aus verschiedenen Hintergründen und bringt so verschiedene Interessen mit ins Programm des Stellwerks. Techno, Rock, Pop oder Hiphop, jede und jeder im Team bringt eigene Affinitäten mit ins Programm.
So wird bereits durch das Klub-Programm Diversität geschaffen. Natürlich bringt dies auch Schwierigkeiten mit sich. Das breite Musikprogramm bringt zwar Diversität, jedoch bildet sich nicht so einfach ein Stammpublikum, was sich mit Uni-Beginn und Schulstart verändern könnte. Der kommende Herbst wird demnach sicherlich neue Herausforderungen mit sich bringen aber auch Möglichkeiten sich als Lokal weiterzuentwickeln und zu entfalten.