Medienplatz Bern – die lokalen Player in Print und Online

von Marina Bolzli & Jürg Steiner 6. Dezember 2023

Hauptstadt Heute erscheint der Anzeiger Region Bern erstmals in neuer Form mit ausgebautem redaktionellem Teil. Er ist der jüngste Player auf dem – neben der grossen Tamedia – weit verzweigten Medienplatz Bern.

«Der Strom der Zukunft» titelt der Anzeiger Region Bern in seiner ersten Ausgabe in neuer Form, die diesen Mittwoch in die Briefkästen verteilt wird. Im Titel-Interview mit dem SVP-Bundesrat Albert Rösti geht es um Energiefragen, aber am Schluss auch um staatliche Medienförderung. Auf die Bemerkung, dass auch der Anzeiger Region Bern einem finanziellen Zustupf nicht abgeneigt wäre, sagt Rösti: Sofern der Bund dereinst die Medienförderung doch noch ausbaue, sollten seiner Meinung nach auch Gratisanzeiger davon profitieren.

Der neue Anzeiger präsentiert sich nicht nur im Print, sondern auch auf einer neuen, übersichtlichen Website – mit schnörkellosem Lokaljournalismus. Der Anzeiger Region Bern tritt damit als neuer, alter Player auf den für Laien schwer überschaubaren Medienplatz Bern.

Hier gehts zur alphabetischen Übersicht der «Hauptstadt» über die lokalen Medienplayer in Print und Online:

  • Anzeiger Region Bern: Bis Ende 2023 amtliches Mitteilungsorgan der Gemeinden von Stadt und Agglomeration Bern (ausser Köniz), wöchentlich mit einer Auflage von 130’000. Herausgegeben von der SR Medien Group von Christof Ramseier (respektive Scribentes Media). Fokus auf Print. Inseratefinanziert sowie Defizitdeckungsbeiträge von Gemeinden. Ab 2024 gibt es den Anzeiger in dieser Form nicht mehr. Christof Ramseier führt ihn aber in Eigenregie als unabhängige, hauptsächlich inseratefinanzierte Gratis-Wochenzeitung mit eigenständiger, sechsköpfiger Redaktion weiter, wie die «Hauptstadt» schon vor zwei Wochen schrieb. Einzig Stettlen nutzt den Anzeiger weiter als amtliches Mitteilungsorgan. Künftige Auflage: 50’000. Die Artikel werden zusätzlich auch online publiziert.
  • BärnerBär: In den 1980er-Jahren von rechtsbürgerlichen Kreisen als Gegenentwurf zu den «zu linken» Printtiteln Bund und BZ als Gratisblatt gegründet. Wird nach mehreren Besitzerwechseln heute vom Könizer (Sport-)Medienunternehmen IMS Medien AG herausgegeben, das auch den SC Bern vermarktet. Der Bärnerbär erscheint wöchentlich gratis in einer Auflage von gut 100’000. Fokus auf Print mit einer eigenen Redaktion. Inseratefinanziert.
  • Bärn Today: Seit August 2022 online, ohne Paywall, mit einer professionellen Redaktion. Mutterhaus ist CH Media (zu dem auch TeleBärn und Radio Bern 1 gehören). Nachrichtenplattform mit eigener Berner Redaktion, die trimedial aufgebaut und eng angeschlossen ist an die Radiosender Bern 1 und TeleBärn, von denen sie auch viel übernimmt. Zudem werden die Beiträge auch unter den verschiedenen Today-Portalen ausgetauscht, denn dasselbe Modell gibt es an fünf weiteren Standorten in der Deutschschweiz. Finanziert über Werbung. Im Unterschied zu Radio Bern 1 sind für Bärn Today keine Reichweitenzahlen publiziert.
  • Berner Landbote: Erscheint alle zwei Wochen in einer Auflage von 105’000 in sämtliche Haushalte zwischen Belp und Spiez, Zäziwil und Riggisberg. Herausgegeben von der SR Medien Group von Christof Ramseier (respektive Scribentes Media). Fokus auf Print, aber mit Website. Inseratefinanziert. Zudem freiwillige Beiträge von Leser*innen.
  • bern-ost.ch: Onlineplattform für die Gemeinden im Osten von Bern mit einer professionellen Redaktion. Beschäftigt sich schwergewichtig mit Gemeinden zwischen Bern und Langnau. Keine Paywall. Getragen von der Genossenschaft EvK, die sich für Berns Osten einsetzt. Finanziert über lokale Inserate.
  • BKA: Die Berner Kulturagenda besteht aus einer Online-Agenda und einer Printagenda mit redaktionellen Artikeln. Sie wird von einem Verein herausgegeben, der aus ca. 260 Berner Kulturveranstalter*innen besteht. Die professionelle Redaktion, die Kulturvorschauen schreibt, wird durch die Mitgliederbeiträge finanziert. Zusätzliche Unterstützung gibt es von der Stadt Bern und neu auch von Kanton Bern und Burgergemeinde. Bis Ende Jahr liegt die BKA dem «Anzeiger Region Bern» bei und kommt so in ca. 130’000 Haushalte. Danach wird sie vermutlich alle zwei Wochen mit den Tamedia-Zeitungen verteilt, dazu wird es aber auch Inserateeinnahmen brauchen.
  • Bümpliz Wochen: Ging im Frühjahr 2023 von der IMS Medien AG an den bm media Verlag über. Chefredaktor Sacha Jacqueroud ist gleichzeitig Verlagsbesitzer. Erscheint seither im Monatsrhythmus in einer Auflage von 24’000 Exemplaren. Inseratefinanziert.
  • BZ/Bund: Tageszeitung, seit Oktober 2021 fusionierte Regionalredaktion. Mantelteil wird von der Mutterredaktion des Tages-Anzeigers in Zürich geliefert, Besitzerin ist Tamedia. Es gibt 2 Webseiten und 2 Zeitungen mit den gleichen Artikeln, allerdings anderer Gewichtung. Mehr Lokales und Sport bei der BZ; mehr nationale und internationale Politik und mehr Kultur beim Bund. Gemeinsam haben BZ-Stadtausgabe und Bund eine Printauflage von knapp 55’000. Die WEMF-beglaubigte Reichweite lag 2023 bei 256’000 (2022: 277’000). Finanziert über Werbung und Abos. Online-Artikel zum Teil hinter einer Paywall. Mit rund 80-köpfiger Lokalredaktion der Elefant auf dem Medienplatz.
  • Hauptstadt: Publiziert nach einem Crowdfunding im Herbst 2021 seit Frühjahr 2022 ausschliesslich online. Getragen vom Verein für Berner Medienvielfalt. Werbefrei. Finanziert über Abonnemente sowie Stiftungen 4,5 Vollzeitstellen. Aktueller Abonnent*innenstand: 3000. Ca. 21’500 Nutzer*innen im Monat.
  • Infosperber: 2011 von Urs P. Gasche, einst Chefredaktor der Berner Zeitung, gegründetes Online-Portal mit Sitz in Köniz. Versteht sich als ergänzendes Medium und konzentriert sich laut Eigendarstellung auf Themen, die grosse Medien übersehen oder vernachlässigen. Getragen von der schweizerischen Stiftung zur Förderung unabhängiger Information. Finanziert über Spenden von Leser*innen. Professionelle Redaktion, Administration wird ehrenamtlich erledigt.
  • Journal B: 2012 aus dem politisch rot-grünen Lager als Reaktion auf die «zu bürgerlichen» Tageszeitungen Bund und BZ als Online-Portal gegründet, musste Journal B den Profi-Betrieb schon nach neun Monaten grounden. Es gelang nicht, genügend zahlende Mitglieder zu finden. Seither als Onlineplattform betrieben. Rund zwei Drittel der Artikel stammen vom angestellten Redaktionsteam, das in Kleinpensen arbeitet, ein Drittel von Ehrenamtlichen. Gut 9000 Nutzer*innen pro Monat. Das Budget ist halb aus freiwilligen Mitgliederbeiträgen und halb aus Unterstützungsgeldern von Berner Institutionen (Burgergemeinde, Kantonalbank, Gewerbeversicherung, Kirchgemeinden) zusammengesetzt.
  • Jungfrau Zeitung: Eigentlich im Oberland beheimatet, ist die Redaktion seit einiger Zeit in Bern angesiedelt. Viele Meldungen aus dem Oberland, aber auch aus Bern, wenig selber recherchierte Artikel der professionellen Redaktion. Seit gut drei Jahren nur noch online, ohne Paywall und Abonnent*innen, rund 380’000 Nutzer*innen. Herausgeben vom Familienbetrieb Gossweiler Media AG in Thun. Zusätzlich ein E-Paper, das online gelesen oder heruntergeladen werden kann (gut 32’000 Streams pro Ausgabe)*. Rein inseratefinanziert. *(aus Schweizer Journalist:in, Juli 2023)
  • Könizer Zeitung/Der Sensetaler: Erscheint monatlich im bm media Verlag in Wabern in einer Auflage von 53’000 Exemplaren und wird in 25 Gemeinden der Agglomeration Bern gratis verteilt. Enthält die von der Gemeinde bezahlte Beilage «Köniz innerorts», es ist der offizielle Informationskanal des Gemeinderats. Chefredaktor Sacha Jacqueroud ist gleichzeitig Verlagsbesitzer. Inseratefinanziert.
  • Megafon: Gegründet 1987 nach der Räumung der Hüttendorfsiedlung Zaffaraya als wöchentlich erscheinendes publizistisches Sprachrohr der Reitschul-Bewegung. Erscheint, herausgegeben von einem Kollektiv, das sein Büro nach wie vor in der Reitschule hat, heute als Print-Monatszeitschrift.
  • nau.ch: Kommerzielle Online-News-Plattform mit Sitz in Köniz, die in erster Linie Agenturtexte aufbereitet und interessante Meldungen der Konkurrenz zu eigenen Artikeln konfektioniert. Bespielt Screens im ÖV sowie an Tankstellen und eine eigene Website. Fokus auf Sport und nationale Themen, hat aber eine Rubrik «Bern».
  • Ronorp: Urbane Netzwerk-Agentur mit Sitz in Zürich, die in acht Städten fünfmal wöchentlich einen lokalen morgendlichen Newsletter hauptsächlich mit Ausgeh- und Kulturtipps verschickt. Die Ronorp-Bern-Redaktion verschickt ihren Newsletter an rund 40’000 Personen und bespielt damit auch die Website.