«Die Linken Fotzen» verstehen sich als Aktivistinnen. Auf den Internet-Plattformen Instagram und Twitter haben sie als «Influencer» inzwischen achttausend «Follower», das heisst: als Publizistinnen Abonnements. Ihre Kunstform sind selbstironische «Memes», Bilder mit Sprüchen oder Kommentaren.
Das Länggassblatt sprach mit zwei Akteurinnen – digital, ohne Bild. Denn sie wollen anonym bleiben. «Mit unseren Echtnamen würden wir uns schaden.» Sie teilen nämlich auch Privates, indem sie über misslungene «Dates» (Verabredungen) sprechen oder «Menstruationstassen» (Silikonbecher, die während der Periode das Blut auffangen) bewerten. «Anonym sein ist einfach geil», sagen sie. «Wir könnten nicht ehrlich sein, wenn man unsere Namen und Gesichter kennen würde.»
Witzig, ironisch, selbstkritisch
«Die Linken Fotzen» heissen sie seit ihrer Wohngemeinschaft. Die Bezeichnung war zunächst ein Scherz. «Der Name war eine Hommage an den sprichwörtlichen Onkel, das sexistische Familienmitglied, das konservative, patriarchale Werte verteidigt.» Die jungen Frauen sind witzig, ironisch und selbstkritisch. Ihr Motto lautet: «länggass isch szene brüetsch.» «Die Länggasse ist cool, Leute.» Sich selbst beschreiben sie als «meitschis mit de homebase 3012 wo ghüder fürs internet mache u hate», «Mädchen aus 3012 (die Postleitzahl der Länggasse), die Müll fürs Internet produzieren und provozieren».
Als Gruppe kamen die «Linken Fotzen» während der Coronapandemie zusammen. Sie brauchten ein Ventil, um der Langeweile zu entkommen und ihren Frust mitzuteilen. Nach der Arbeit oder dem Studium, im Bus oder zu Hause entwickelten sie ihre «Memes», und zwar auf Schweizerdeutsch. Denn sie wollten ihre Stimmung vermitteln und nahbar sein – oder wie sie auf Englisch sagen: «relatable».
Politisches im Privaten
Linken Städtern, jungen Bernerinnen oder Zürcherinnen eine Stimme zu geben, war etwas Neues und unterschied sie von anderen Meme-Seiten. Die jungen Frauen wollten nicht ausdrücklich politisch sein. Keine von ihnen möchte in die Politik gehen. Aber privat reden sie viel über politische Fragen. Sie unterstützen auch bestimmte Aktionen – zum Beispiel die Frauendemo.
Ihr Erfolg eilt ihnen voraus. Mit achttausend Followern haben sie eine grosse Reichweite. Sie bekommen inzwischen so viele Anfragen, dass sie nicht alle Nachrichten beantworten können. Und sie wollen auch nicht zu allen Themen Stellung beziehen: «Macht bringt Verantwortung.»
Trotz ihres Erfolgs blieben die «Linken Fotzen» nicht von Kritik verschont. Manche seien ständig «am Nörgeln», berichten sie, «und meistens nicht konstruktiv.» Die Frauen mussten auch schon «Shitstorms» (Hasswellen) überstehen und wurden «gecanceled» (zensiert). Sie mussten lernen, vorsichtig zu sein, um niemanden ungewollt zu verletzen. «Wir schrieben einmal lapidar, dass Schwäne nerven. Da kamen verärgerte Tierschützer, die sich über uns aufregten.»
Nicht nur Kritiker stören, sondern bisweilen auch Abonnenten. «Manche können aufdringlich sein, sie wollen ständig Kontakt mit uns und teilen fragwürdige Inhalte.» Wer oder was nervt sonst noch? «Rucksäcke nerven – und Pseudointellektuelle!» Manchen in ihrem Umfeld wiederum sind sie nicht links genug. «Auf den Sozialen Medien gibt es viel Negativität. Die erschöpft uns. Wir sind heute weniger aktiv als früher.» Auf der anderen Seite haben sie viele Anregungen bekommen und Menschen kennengelernt. Sie sind froh über diese Erfahrung.
Auf die Frage, wer ihr Pendant sei und den Namen «Rechte Schwänze» verdient hätte, fallen den «Linken Fotzen» auf Anhieb reichlich Männer aus Politik und Unterhaltung ein.
Dieser Beitrag erschien ursprünglich im Längassblatt.