«Das wär was!» heisst das erste abendfüllende Programm der Berner Tänzerinnen und Sängerinnen Sara Hidalgo und Catherine Comte. Als «Les Oh’Nanas» öffnen sie ihre Phantasiekiste und zeigen ihre Träume aus deutschen und französischen Liedern, Tanzeinlagen und einer Atmosphäre, die an die Goldenen Zwanziger Jahre erinnert. Das wär jedenfalls das Angebot, das sie ihrem Publikum machen. Ob es das ist, was dieses möchte, sollen vier Aufführungen im Kellertheater Katakömbli zeigen.
Choreographie hinter der Bühne
Bislang seien sie als Schauspielerinnen und Musikerinnen in Musicals und anderen Bühnenproduktionen immer in bestimmte Rollen «hineingestellt» worden. Im eigenen Programm wollen sich die Künstlerinnen nun so präsentieren, wie es ihnen gefällt. «Natürlich ist es auch toll, vorgegebene Rollen zu spielen», sagt Hidalgo, «aber wir dachten immer, ‹wir können auch noch anderes›». An Ideen mangelt es den beiden laut eigenen Angaben nicht. Ob die Umsetzung vor allem auch hinter der Bühne klappen wird, wird sich spätestens bei der morgigen Premiere zeigen. «Für uns ist es neu, uns auch hinter Bühne selber zu organisieren», erklärt Hidalgo die neue Herausforderung der Eigenproduktion. «Das ist wie eine Choreographie hinter der Bühne, bei der auch jeder Handgriff sitzen muss.»
«‹Fadegrads› Feedback» erwünscht
Wenn man gleichzeitig Regisseurin und Schauspielerin ist, besteht dann nicht die Gefahr, die nötige Distanz zur eigenen Leistung zu verlieren? Vielleicht ist gerade deshalb während der ganzen Vorbereitungen die Kamera zum Einsatz gekommen. Aufzeichnungen der Proben hätten dem Duo wichtige Hinweise darauf gegeben, ob das Gespielte so wirkt, wie sie es sich vorgestellt haben. Ab morgen werden sie das Programm im Katakömbli aufführen und die Meinungen des Publikums einholen. Jede Besucherin und jeder Besucher wird die Möglichkeit haben, sein Feedback mittels Fragebogen abzugeben. «Es wird spannend sein, zu hören, wie unser Programm tatsächlich ankommt», sagt Christine Comte. Neben den Stimmen aus dem Publikum möchten die Künstlerinnen auch Meinungen aus der Tanz-, Theater- und Musikszene einholen. «Wir werden auch Leute fragen, von denen wir wissen, dass sie uns ‹fadegrad› ins Gesicht sagen, was sie finden», sagt Hidalgo und lacht.
Vom Umgang mit negativer Kritik
Während dreier Jahre tüftelte das Duo, manchmal intensiver, manchmal unregelmässig, am Programm, feilte an den Liedern und Tanzelementen und letztendlich an den «Oh’nanas». Ob so viel persönliches Engagement noch Kritik verträgt? Natürlich wisse man nicht, welcherart die Feedbacks des unbekannten Publikums sein werden. Von den befreundeten Kritikerinnen und Kritikern würden sie aber ehrlich gemeinte, konstruktive Einwände erwarten, sagt Comte. Ihre Erfahrung zeige, dass sie negative Kritik mindestens als Bestätigung für den gewählten Ansatz heranziehen könnten: «Das ist dann, wenn wir nach erhaltener Kritik umso sicherer sind und denken ‹nein, wir machen’s eben jetzt einfach genau so›», meint Hidalgo scherzhaft.
Ein bisschen Broadway in Bern
Der Begriff «Tryout» stammt aus dem Musicalbereich und bezeichnete Voraufführungen von Broadway-Musicals vor der eigentlichen Premiere. Solche Voraufführungen und sogar ganze Tryout-Tourneen waren bis in die 1960er Jahre gang und gäbe und hatten das Ziel, Schwachpunkte der Aufführung aufzudecken. Jedes «Tryout» hatte oft umwälzende Anpassungen an Liedern und Szenen zur Folge, die letztendlich das finanzielle Risiko der Produktion verringern sollten. Manche Produktionen wurden noch während der Tryout-Phase fallen gelassen. Den beiden Künstlerinnen gehe es aber kaum um den finanziellen Erfolg, ihre Leidenschaft werde stets die Kleinkunst bleiben und auch gefallen wollen sie nicht um jeden Preis. «Das Programm steht fest, da werden inhaltlich keine Änderungen mehr vorgenommen werden», sagt Hidalgo bestimmt. Die Konsequenzen der «Tryouts» sind dennoch nicht zu unterschätzen. Falls ihr Programm beim Publikum nicht ankomme, brauche es die «Oh’Nanas» halt eben nicht. Die Enttäuschung würde sich aber wohl in Grenzen halten, «wir haben ja noch andere Dinge zu erleben. Dann haben wir’s vier Mal aufgeführt, das ist völlig ok.»
Träumen ganz ohne «Pi-Pa-Po»
«Das wär was!» sei ein ruhiges und schlichtes Programm. «Es kommt ganz ohne den ganzen ‹Pi-Pa-Po aus›, und auch der Tanz entspricht nicht dem, was man sonst so in Musicals sieht», sagt Hidalgo. Den Rahmen für das Programm hätten die Bühnenmasse sowie die finanziellen Ressourcen gesetzt. «Im Katakömbli kann man gar nicht allzu hohe Sprünge machen», witzelt Hidalgo. Das Programm bestehe aus einzelnen Szenen, welche eben so gut einzelne Traumsequenzen der «Oh’Nanas» sein könnten. «Im Traum kannst du dir Dinge erlauben, die du im echten Leben nicht machen würdest, weil du schräg angeschaut würdest», sagt Hidalgo Bezug nehmend auf den Titel «Das wär was!». «Es wäre aber vielleicht schön, wenn es ab und zu so wäre, wie im Traum», fügt Comte an. Und so, wie die Empfindungen während eines Traumes echt zu sein scheinen, sollen die Chansons, Lieder und Tanzeinlagen für einen Abend lang zur Realität werden.