Kurd*innen kritisieren westliche Doppelmoral

von RaBe Info 11. Mai 2022

Seit Wochen greift die türkische Armee kurdische Gebiete an. Im Gegensatz zu Russland wird die Türkei vom Westen dafür nicht verurteilt. Bei den Mitgliedern des kurdischen Vereins in Bern stösst das auf Unverständnis.

Im Schatten des Ukrainekrieges begann die türkische Armee Mitte April mit neuen Luft- und Bodenangriffen auf kurdische Gebiete, zuerst in Teilen der autonomen Region Kurdistan im Nordirak, weniger später auch in der autonomen kurdischen Region von Nord- und Ostsyrien.
Der türkische Präsident Recep Erdogan rechtfertigt auch die jüngsten Angriffe als «Antiterrorkampf» gegen angebliche Terrorist*innen der kurdischen Arbeiterpartei PKK und deren Schwesterorganisationen im Irak und in Syrien.
Obwohl es bisher keinerlei Berichte über tatsächliche Angriffe oder militärische Provokationen seitens der PKK gibt, argumentiert die türkische Regierung unter Berufung auf das Selbstverteidigungsrecht der Völker, die nationale Einheit der Türkei sei bedroht.

Mit einem Antiterrorkampf hätten diese Angriffe überhaupt nichts zu tun, sagt Lami Özgen, Mitglied des kurdischen Vereins in Bern. Ziel der Türkei sei vielmehr, die autonomen Regionen der Kurd*innen zu zerschlagen und die Gebiete im Nordirak und in Syrien zu besetzen.
Regierungsnahe, türkische Medien berichten laufend von erfolgreichen, gezielten Militäroperationen gegen angebliche PKK-Terrorist*innen. Nicht zur Sprache kommen dabei die unzähligen, zivilen Opfer, die im Rahmen der grossflächigen Bombardierungen im Nordirak und in Rojava getötet und verletzt werden.

Von den westlichen Mächten werden auch die jüngsten Angriffe der Türkei mit Schweigen quittiert. Während Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine harsch verurteilt und umfassend sanktioniert wurde, werde der türkische Angriffskrieg stillschweigend toleriert. Dass der Westen die Türkei als NATO-Mitglied, wichtige Bündnispartnerin im Ukrainekrieg und nicht zuletzt auch als wichtige Handelspartnerin einfach gewähren lasse, offenbare die westliche Doppelmoral, kritisiert Lami Özgen. Gedeckt von den NATO-Staaten führe die Türkei seit Jahrzehnten immer wieder und über die Staatsgrenzen hinaus Krieg gegen das kurdische Volk. Auf eine deutliche Verurteilung durch den Westen warten die Kurd*innen bis heute.