Was hat dich zu dieser Arbeit veranlasst?
Gisela Hochuli:
Noseland ist ein Stück Wiese in Schöftland. Schöftland ist ein Dorf zwischen Kölliken und Reitnau. Ich wuchs in Kölliken und mein Grossvater väterlicherseits in Reitnau auf. In der Performance nehme ich Bezug auf die drei Orte: Noseland, Kölliken und Schöftland. Erst bewege ich mich auf Noseland, indem ich das Gras sachte mit meinen Händen berühre, daran rieche, es genau anschaue und Kopf voran hineintauche und mich darin wälze. Danach zeige ich dem Publikum ein Foto von meinem Elternhaus und eines vom Elternhaus meines Grossvaters und erkläre ihnen die Gegebenheiten dazu und in welche Richtungen sich die Häuser befinden. Die beiden Häuser sind voneinander sehr verschieden. Das Haus in Kölliken wurde von meinem Vater Ende 1960er Jahre im Stil des Bauhauses erbaut. Es ist ein Kubus aus Beton und Glas. Mein Grossvater wuchs in einem «Heimetli», einem ortsüblichen Bauernhaus Anfang des 20. Jahrhunderts auf. Das Publikum schaut sich die Fotos an. Danach geht mein Vater Richtung Reitnau und ich Richtung Kölliken und wir spannen eine 100 Meter lange Schnur über das kleine Tal von Noseland. Das Vermessen macht die Höhe und Breite des Tals sichtbar und manifestiert zugleich ein Stück meiner Biografie. Die Performance verortet auf einer räumlichen, physischen und narrativen Ebene das Hier und Jetzt mit meiner Herkunft. [Noseland als virtueller anarchistischer Mikrostaat in Schöftland AG war auch Ort des Beitrags von Daniela de Maddalena in der Kunst-Stafette #29 vom 25. Januar 2015, Anm. der Red.]
Welchen Raum brauchst du für deine Kunst?
Ich arbeite gerne mit dem, was da ist – dem Naheliegenden. Das kann der Einbezug des eigenen Körpers, des Raumes, des Publikums sowie ortsspezifischer Materialien und Kontexte sein. So arbeitete ich beispielsweise in Noseland mit meiner Herkunft, in Santiago de Chile mit einem grossen Palmenblatt, in China mit einem roten Tuch, in Münsingen mit Aarewasser, in Helsiniki mit einem Stück gefrorenen Schnees und in Arrecife mit einer Baubrache. Der Raum spielt in meiner Arbeit immer eine wichtige und wesentliche Rolle.
Sind gesellschaftliche Fragen Thema deiner Kunst?
Indem ich für die Zeit der Performance den Fokus auf einen Gegenstand, einen Ort etc. setze, mit ihm in Begegnung trete und Handlungen entwickle, wird Gewohntes verrückt und Ungewohntes sichtbar. Dabei verschiebt sich immer auch der Blick weg von gesellschaftlich Manifestiertem und eröffnet «neue» Möglichkeiten.
Suchst du die Öffentlichkeit?
Eine Öffentlichkeit im Sinne von Publikum, das können auch zufällig Vorbeigehende sein, ist eigentlich immer gegeben. Die Präsenz von Menschen ist Energie, die ich spüre und die etwas mit mir macht, das dann in meine Arbeit einfliesst. Manchmal performe ich auch nur für mich, dies jedoch eher selten.
Wo siehst Du Potential zur Nutzung des öffentlichen Raums?
Bei der Performance! Sie ist prädestiniert für den öffentlichen Raum.
Welches ist dein persönlicher Hotspot in Bern?
Insbesondere mit the gathering, einer losen Gruppe verschiedener Performancekünstlerinnen und –künstler, habe ich schon an verschiedenen Orten in der Stadt Bern performt (Waisenhausplatz, Progr etc.). Am 3. und 4. Juni 2016 arbeiteten wir im KUNSTgarten. Es entstanden wunderbare Performances zwischen den Gärten und Schreberhäuser, siehe auf: https://offspacekunstgarten.wordpress.com