Was hat dich zu dieser Arbeit veranlasst?
Matthias Schmid:
Ich wurde eingeladen, zu der diesjährigen Gruppenausstellung im Südhang Kirchlindach (=Link zum Brunnen in Aktion) eine Arbeit zum Thema «Von Forschergeist bis Sehnsucht – wie Kunstschaffende Natur sehen» beizutragen. Bei der Begehung des Areals war meine Idee eines Springbrunnens ziemlich schnell geboren. Die Klinik war früher ein Landwirtschaftsbetrieb, sodass es für mich naheliegend war, bei der Materialwahl auf alte Landmaschinen zurückzugreifen. Die Grundkonstruktion besteht aus 4 alten Sämaschinen und 6 Kuhtränken. Da ich mich schon seit einiger Zeit mit Kinetik beschäftige und mich bei meinem letzten Grossprojekt «Mondoskop» vor allem mit Motoren und Elektronik befassen musste, war es eigentlich sehr entspannend, auf die gute alte Wasserkraft zurückzugreifen. Das Ausbalancieren der Kuhtränken allerdings war eine andere Herausforderung. Passend zum Südhang ging es mir aber auch um das ewige Thema des Loslassens und ums Wiederfinden des Gleichgewichts.
Du suchst einen neuen, permanenten Standort für deinen Brunnen. Wie sollte dieser aussehen?
Ja, denn ich finde es schade, dass er nun einfach hinter meinem Atelier steht. Ich würde ihn auch ausleihen, vermieten und selbstverständlich verkaufen. Die Konditionen müssten mit mir ausgehandelt werden. Der Standplatz sollte zumindest teilweise öffentlich zugänglich sein. Der Brunnen ist ca. 2,80 m hoch und der Standfuss hat einen Durchmesser von zwei Metern. Es wäre ein rundes Becken von mindestens drei Metern Durchmesser nötig, damit das Wasser nicht über das Becken spritzt. Es kann aber auch grösser sein, eckig, oder sonst eine Form haben. Ursprünglich wurde der Brunnen für eine Wassertiefe von 20 cm gebaut. Es braucht natürlich einen Wasseranschluss. Im Südhang wurde er von einer Quelle gespiesen, man könnte aber auch eine Pumpe einbauen. Also bei Interesse einfach bei mir melden:
Sind gesellschaftliche Fragen Thema deiner Kunst?
Ja, auf jeden Fall. Allein schon durch meine Materialwahl. All die alten Eisen- und Maschinenteile sind Zeugen von verlorener Handwerkskunst. Manchmal fühle ich mich wie ein Archäologe , der in der Industriegeschichte wühlt und Teile davon rettet, indem sie eine neue Existenzberechtigung erhalten. Als langjähriger Reitschule-Aktivist und Theaterschaffender habe ich schon den Anspruch, dass sich KünstlerInnen mit aktuellen Themen auseinandersetzen. Insbesondere das Theater hat aus meiner Sicht die Aufgabe, unserer Gesellschaft einen Spiegel vorzuhalten. Was nicht ausschliesst, dass etwas schön, unterhaltsam oder lustig sein darf. Ich bin auch der Meinung, dass man mit Kunst sehr wohl etwas bewegen kann, auch wenn es manchmal nur der Anstoss dazu ist, etwas aus einem andern Blickwinkel zu betrachten.
Suchst du die Öffentlichkeit?
Ich bin nun wirklich lieber der Beobachter und von meiner langjährigen Theaterarbeit als Techniker gewohnt, die Fäden im Hintergrund zu ziehen. Während der Ausstellung im Südhang musste ich einige Male etwas reparieren. Die zufälligen Gespräche mit Patienten waren sehr spannend, nicht zuletzt weil sie sich ja jeden Tag mit dem Werk auseinandersetzen mussten. Durchs Band fanden sie das Wasserspiel meditativ und beruhigend. Ich glaube, wenn die Patienten die Wahl gehabt hätten, dann würde der Brunnen heute noch dort stehen. Solche Komplimente, von Nicht-Experten, sind Balsam für meine Seele.
Wo siehst du Potential zur Nutzung des öffentlichen Raums?
Ich finde es sehr unvorsichtig, wie mit dem beschränkten öffentlichen Raum umgegangen wird. Beim Umbau des Bahnhofplatzes zum Beispiel blieb der Verkehrskollaps aus und trotzdem ist er noch immer nicht autofrei. Die ursprünglich als Symbol für die Umgestaltung gedachte Luginbühl-Figur des Christophorus wurde vom Künstler aus Protest abtransportiert, ohne dass die Öffentlichkeit Notiz davon genommen hat. Ich plädiere daher für ein Mitspracherecht der Benutzer des öffentlichen Raums.
Welches ist dein persönlicher Hotspot in Bern?
Ich habe keinen persönlichen Hotspot. Spannend finde ich aber die Zwischennutzungsprojekte, die temporären Freiräume, die auf unkonventionelle Art Platz für Experimente schaffen. Und für einmal ein Lob an die Stadt Bern, die solche Zwischennutzungen auch unterstützt. Für mich war das früher die Reithalle, ohne die ich wohl nicht dort wäre, wo ich heute stehe.