Kummerbuben #3: Der Weisswein-Ausschütter

von Manuel Gnos 10. März 2015

Wer die Kummerbuben einmal live gesehen hat, kennt Simon Jäggi als Rampensau. Aber auch er fühlt sich nicht immer wie der Chuck Norris des Berner Rock und manchmal meiden die Mitmusiker sogar seine Nähe.

Mitte Februar haben die Kummerbuben im Dachstock der Berner Reitschule ihr neues Album «Dicki Meitschi» getauft. Seither touren sie durch die Deutschschweiz und spielen jedes Wochenende Konzerte. Zuletzt waren Biel und Zürich an der Reihe. Frontmann Simon Jäggi hat Journal B auf Facebook zum Debriefing getroffen.

Letzten Freitag habt ihr im Bogen F in Zürich gespielt, ein relativ neuer Club, der sich in kurzer Zeit einen guten Ruf erarbeitet hat. Wie ist es gelaufen?

Simon Jäggi:

Ich glaube, man sieht es an den Fotos: Der Abend hatte was. Der Club ist grossartig. Wir haben uns reingehangen. Die Leute sind mitgegangen. Ein Abend, den wir so schnell nicht vergessen werden.

Eine Woche davor in Biel war es weniger erfreulich. Eure Tour scheint eine Berg- und Talfahrt zu sein. Woran liegt das?

Also, ich möchte jetzt nicht zu fest jammern wegen Biel. Es ist halt einfach eine kleine Stadt. Und offenbar ist in Biel der Kreis an Kulturinteressierten kleiner als in anderen Städten. Polar hat am selben Abend gespielt. Wir dachten erst, er habe uns Gäste gekostet. Aber dort hatte es noch weniger Leute. Die Atmosphäre war auch in Biel schön. Vor allem isst man wunderbar im Les Caves… Aber ich bin deiner Frage ausgewichen.

Ja, bist du. Darum anders gefragt: Wie gross ist der Anteil eines Veranstalters am Erfolg bzw. Misserfolg.

Um nochmals auszuweichen, ich habe dir extra noch ein Bild vom Backstage in Biel schiessen lassen.

Da haben wir schon geräumigere Backstages erlebt, aber wir sind ja anspruchslos. Wir haben zum Beispiel auch keine Ansprüche an den Alkohol. Wir sind Allestrinker. Aber jetzt zur Frage…

Gerne.

Ich kann nur von mir reden, denn bei mir gibt es tatsächlich ein heftiges Auf und Ab. Die äusseren Umstände sind da nur das eine. Mir schlägt es schon auf die Moral, wenn man hört, es habe nur wenige Vorverkäufe gegeben. Aber wie man sich auf der Bühne fühlt, das hängt von Faktoren ab, die ich bis heute nicht benennen kann – auch nicht nach gegen 300 Konzerten. Manchmal bin ich nervös und fühle mich total introvertiert und habe null Bock auf die Bühne, dann laufe ich raus und es ist, als ob ich ein anderer Mensch bin. Dann wieder fühle ich mich als Chuck Norris und schrumpfe auf der Bühne zu Harry Klein. Es gibt alles – und ich weiss wirklich nicht, an was es liegt. Ganz schlecht ist, wenn mein innerer Bewacher mit auf die Bühne kommt. Der beobachtet mich dann die ganze Zeit und kommentiert. «Tanz mal bisschen im Takt», und so ein Zeugs. Perfekt ist ein Konzert für mich, wenn ich gar nicht merke, dass ich dort bin. Wenn ich einfach bin. Aber das ist einfacher gesagt als getan.

Was macht ihr, um die Leute an eure Konzerte zu holen? Sammelt ihr nach jedem Auftritt fleissig Mail-Adressen?

Nein, wir haben es bislang unterlassen, einen Newsletter zu verschicken. Das machen wir erst seit kurzer Zeit. Vielleicht haben wir innerlich immer noch die Hoffnung, dass die Leute einfach von alleine merken, dass wir Konzerte geben und gut sind.

Auf den Fotos vom Bogen F ist zu sehen, dass ihr relativ wenig Platz auf der Bühne habt. Etwas, das vielen Bands entgegen kommt, weil man sich spürt. Hilft euch das auch? Oder braucht ihr Platz?

Ich bin ein national bekannter Weisswein-Ausschütter. Von daher gesehen haben meine Mutmusiker gar keine Freude, wenn sie in meiner Reichweite sind. Aber mit Bühnen halten wir es wie mit den Getränken: Wir nehmen das, was rumsteht. Irgendwie gehts immer. Im Mokka wird es ähnlich eng. Aber dort sollte man es tunlichst unterlassen, vor Bädu Anliker über die fehlende Beinfreiheit zu jammern. Dann kommt er immer mit seinen 17 Hippies, die schon auf der Mokka-Bühne gespielt hätten.

Womit wir wieder beim Veranstalter sind. Wie wichtig sind diese Figuren?

Wichtig. Sie beseelen einen Club. Da ist Bädu das beste Beispiel dafür. Aber es sind ja nicht immer Einzelfiguren. Auch im Bogen F spürten , dass da eine gute Truppe dran ist. Das Gegenteil erlebt man eben auch. Das zeigt sich dann in der Summe der Kleinigkeiten: Da wurde nicht richtig plakatiert. Da kündigt man auf der Homepage das alte Album an.

Als nächstes folgt wieder ein Heimspiel. Bist du nervös vor dem Auftritt im Zentrum Paul Klee?

Nein, ich freue mich. Wir haben für eine Nits-Tribute-Platte den Song «A Touch of Henry Moore» verrumpelt. Ehrlich gesagt, kannte ich den Künstler vorher gar nicht. Der war aber offenbar eine wichtige Inspirationsquelle für die Nits. Und momentan läuft im Zentrum Paul Klee eine Ausstellung zu? Genau: Henry Moore. Schöner Zufall.

Wir werden in zwei Wochen lesen, wie es gelaufen ist.