Kummerbuben 1: Tollhaus Dachstock

von Manuel Gnos 17. Februar 2015

Der Triumph der Kummerbuben aus Bern ist beeindruckend. Dass sie so erfolgreich sind, hat mit viel Arbeit zu tun. Aber auch damit, dass ihre Musik den Nerv der Zeit trifft. Eine Spurensuche.

Es gibt nur eine Handvoll Berner Bands, die das Potenzial haben, den Dachstock zu füllen. Die Kummerbuben sind eine davon. Letzten Freitag, 13. Februar, haben sie daselbst ihr viertes Album «Dicki Meitschi» getauft. Das Foto oben – ein Band-«Selfie» – gibt einen vagen Eindruck, wie die Stimmung gewesen sein muss. Wir haben mit Sänger Simon Jäggi über Facebook ein kurzes Interview geführt.

800 Leute im ausverkauften Dachstock der Reitschule: Das Selfie-Foto auf Facebook sieht beeindruckend aus. Was machen die Kummerbuben besser als andere Bands?

Simon Jäggi:

Wir spielen uns seit sieben Jahren den Arsch ab. Ich glaube, es liegt hauptsächlich daran. Auch versuchen wir auf der Bühne immer alles zu geben. Aber ehrlich gesagt, sieht die Normalität bei uns auch anders aus, gerade ausserhalb von Bern.

Wie war denn der Morgen danach? Kommt da der grosse emotionale Absturz?

Zwei Alka-Seltzer und dann war ich bereit fürs Familienprogramm.

Das tönt nach einer guten Erdung.

Ja, Familie zu haben erstickt Star-Allüren schon im Keim. Es gibt Situationen, da kommst du aufgeputscht nach Hause, weil du vor ein paar hundert euphorisierten Menschen gespielt hast. Und zuhause heisst es dann: «Geh du jetzt Windeln wechseln, ich habe schon die ganze Nacht geschaut.»

Das scheint mir Teil des Rezepts zu sein: Konzentration und Reduktion. Ihr dringt mit jedem Album mehr zu eurem Kern vor. Nervt es dich langsam, wenn auch heute immer noch in jedem Text die Tom-Waits-Sache zur Sprache kommt?

Ich kann es inzwischen recht gelassen nehmen, was da alles so geschrieben wird. Es lohnt sich nicht, sich darüber aufzuregen. Was mir aber schon auffällt, wie wenig eigene Urteilsfähigkeit sich Journalisten inzwischen noch zumuten. Gerade weil ich selber Journi war, erschreckt mich das. Es ist schon krass: Meistens wird einfach der Pressetext abgeschrieben. Es gibt nur noch ganz wenige Medien, in denen wirklich Rezensionen erscheinen, auf die man was geben kann. Das ist mir eigentlich das Wichtigste: Egal, ob sie positiv oder kritisch sind. Und wegen Waits: Ich finde einfach, es gäbe etliche andere musikalische Bezugspunkte, die zum heutigen Kummerbuben-Sound passen. Für mich persönlich bleibt er aber ein Fixpunkt im musikalischen Himmelszelt.

Nach einem solchen Tourstart ist es bestimmt wichtig, sich richtig auf die nächsten Konzerte einzustellen. Was passiert bei euch in den nächsten Tagen?

Musikalisch wird es eine Herausforderung, das Repertoire ohne die zwei Bläser zu bestreiten, die wir an der Plattentaufe als Gäste dabei hatten. Und menschlich ist der Aargau, wo wir am Freitag spielen, ohnehin immer eine Herausforderung.

Wie das geklappt hat, sehen wir dann in einer Woche. Danke fürs Zeitnehmen und gute Reise ins Kiff nach Aarau!