Kollektiv Kitzeln lädt zur Lesung ein

von David Fürst 23. November 2023

Lesung Mehr Platz auf Bühnen für FINTA-Autor*innen: Das Kollektiv Kitzeln hat in der Buchhandlung Stauffacher eingeladen. Thema des Abends: «Zweifel(n)». David Fürst war mit Kamera und Stift vor Ort.

Freitagabend 20:00 Uhr, in der Buchhandlung Stauffacher versammeln sich 70 Menschen in der Abteilung für Lebenshilfe und Kunst. Die Büchertische sind auf die Seite geschoben und haben den Stuhlreihen Platz gemacht. Die Atmosphäre erinnert an eine improvisierte Kirche mit einem langen Gang, der zur Bühne führt, wo Mia und Sarah das Publikum begrüssen. Eingeladen haben Fine Degen (sie), Lea Schlenker (sie), Mia Ackermann (they), Sarah Altenaichinger (sie), die gemeinsam das Kollektiv Kitzeln bilden. Sie haben den Wunsch, FINTA-Autor*innen mehr Platz auf Bühnen zu geben.

Tanasgol Sabbagh, Dichterin und Spoken Word Künstlerin, trug zwei Texte vor, die sich dem Thema des Abends «Zweifel(n)» widmeten, und Anouchka Gwen umrahmte den Abend mit 4 musikalischen Stücken auf ihrem Bass.

Tanasgol Sabbagh und Fine Degen im Gespräch zum Thema «Zweifel(n)» (Foto: David Fürst).
Traumhafte Stimme und ein Bass: Die Musikerin Anouchka Gwen aus Basel (Foto: David Fürst).

Um herauszufinden, wie die Autor*innen mit Zweifel(n) umgehen, habe ich sie spontan gefragt: «Was spielt der Zweifel für eine Rolle in eurem künstlerischen Prozess?»

Lea: «Beim Schreiben ist der Zweifel sehr stark da, es ist eine Arbeit, die ich alleine mache. Man schreibt an einem Text und weiss nicht, auf was für eine Resonanz er stösst. Kunst ist subjektiv, es ist keine Mathematikaufgabe, wo ich hinterher kontrollieren kann, ob die Lösung stimmt oder nicht. Der Schreibprozess ist eine Achterbahnfahrt, manchmal mag ich meine Texte und manchmal zweifle ich daran, ob sie überhaupt von jemandem gemocht werden. Zweifel ist ein Begleiter, der immer da ist. Manchmal leiser, manchmal lauter.»

«Wir möchten in unserem Programm eine möglichst grosse Breite an Diversität erreichen» – Lea Schlenker und Mia Ackermann vom Kollektiv Kitzeln (Foto: David Fürst).

Mia: «Ich zweifle daran, ob meine Texte genug gut sind und ob sie genügen, um auf einer Bühne vorgetragen zu werden. Aber dann denke ich immer, es ist mega wichtig, dass TINFA Personen mehr Präsenz auf Bühnen haben, dass sie mehr Kunst machen. Andersherum zweifle ich auch daran, ob meine Stimme überhaupt benötigt wird in dieser Welt. Als weisse Person frage ich mich auch, was ich zu sagen habe auf einer Bühne. Was ist bisher nicht gesagt worden oder wäre es nicht besser, die Bühne freizumachen für Menschen, die weniger Platz auf Bühnen einnehmen können aus strukturellen Gründen? Diese Frage treibt mich um und ich habe keine Antwort gefunden, vielleicht gibt es auch keine.»

Was möchtest du uns jetzt wissen lassen? Fine Degen und ihre «Spickzettel» (Foto: David Fürst).

Sarah: «Die Möglichkeiten des Textes sind unbegrenzt. Durch das ist man bei jedem Satz unsicher, ob es der perfekte Satz ist. Nach einigen Jahren Bühnenerfahrung habe ich das Schreiben für die Bühne ein bisschen im Gefühl. Aber dann zweifle ich doch wieder und denke, ich könnte ja jeden Satz auch auf andere Art schreiben, und das noch mehr bei Prosa oder Lyrik. Oft frage ich mich auch, ist es überhaupt nötig, dass ich schreibe? Es gibt so viele Menschen, die schreiben, die spannender schreiben… aber dann bekomme ich oft doch wieder Freude am Text und entscheide mich trotzdem fürs Schreiben.»

«Normalerweise habe ich viele Silberrücken und ein paar jüngere Menschen, heute ist es genau umgekehrt, es sind viele junge Leute da», sagt Carola, die beim Stauffacher arbeitet (Foto: David Fürst).

Nach den Auftritten versammelten sich das Team, das Stauffachers, die Artist*innen und das Kollektiv Kitzeln noch in der Cafeteria der Buchhandlung, wo Carola vom Stauffacher ein Buffet vorbereitet. Hier lassen wir bei Kürbissuppe, Tsatsiki und Aprikosenkuchen den Abend ausklingen.

Auch im 2024 veranstaltet das Kollektiv Kitzeln weiter, und zwar am 8.3, 24.5, 27.9, 29.11. Den Auftakt macht Meral Kureyshi, die Autorin von «Elefanten im Garten» und «Fünfjahreszeiten».