Kleine Risse entstehen im Asphaltmoloch

von Urs Frieden 11. Juli 2022

Sommerserie (1): Klimapolitik in der Stadt ist ein Kampf zwischen Ver- und Entsiegeln von Flächen im Strassenraum. Gut zu sehen im Nordquartier.

Grosser Aufholbedarf in der Stadt Bern: Es muss in der Bundesstadt noch viel grüner und entsiegelter werden. Derzeit sammeln Klimabewegte Unterschriften. Eine städtische Initiative von «Läbigi Stadt» und einem breit aufgestellten lokalen Komitee verlangt, dass die Stadt Bern bis ins Jahr 2032 pro Jahr 0,5 Prozent der öffentlichen Strassenräume gegenüber dem Stand von 2022 entsiegelt («chaussiert») und begrünt.

 

Was der Klimawandel für eine Stadt bedeutet, ist vielen noch nicht bewusst. Das bezeugen bauliche Sünden wie der zugepflasterte Eigerplatz oder Wankdorf City 1. Dort, am Rosalia-Wenger-Platz hinter dem S-Bahnhof Wankdorf, ist derzeit die Stadt daran, die grösste Klimasünde der letzten Jahre teilweise zu reparieren. Denn die komplett versiegelte Fläche zwischen den Bürogebäuden von Post, SBB, KPT und anderen ist an heissen Tagen ziemlich unerträglich.

900 Quadratmeter entsiegeln

Mitarbeitende der SBB gelangten deshalb mit Unterstützung der Quartierkommission Dialog Nordquartier an die Stadt. Jetzt hat Projektleiter Pascal Meier vom Tiefbauamt zusammen mit den Betroffenen Klimamassnahmen in Angriff genommen, darunter einen Brunnen mit Wasserspiel, ein paar Bäume («tiny forest»), ein Kunstwalk und diverse Möblierungen. Wärmebilder der Universität Bern halfen dabei der Projektgruppe. Insgesamt werden 900 Quadratmeter entsiegelt.

Das sind kleine Zeichen, die Mut machen. Es ist noch nicht lange her, dass im Stadtrat ein Klima-Pilot (Parkstrasse) nach einer Desinformationskampagne des «Bund» als vermeintliches Luxusprojekt beerdigt wurde. Hier wäre nebst dem Trottoir sogar ein Strassenstück chaussiert worden. Man hätte also zum Beispiel herausfinden können, wie gut sich ein harter Mergelbelag bei Regen und Tempo 20 in einer Kurve hält. Und ob sich die Quartierbevölkerung mit Pflanzenbeeten am Strassenrand anfreundet.

18‘000 Quadratmeter versiegeln

Dafür droht jetzt ein paar hundert Meter weiter das hirnrissige Astra-Projekt Anschluss Wankdorf: 18‘000 Quadratmeter werden versiegelt. Zum Vergleich: Das wäre das 20-fache der Fläche, die im Wankdorf City 1 entsiegelt wird! Und: Gegen 30‘000 Quadratmeter Wald soll gerodet werden. Das ist mehr als die Hälfte des heutigen Bestands auf der Grossen Allmend.