Kleine ganz gross – eine Entdeckung?

von Dorothe Freiburghaus 10. Januar 2013

Das Galerien-Wochenende bietet sich mit einem reichhaltigen Programm an. Dabei werden nicht nur Grosse im kleinen Rahmen gezeigt. Hier gilt es auch Kleine, die später in grossen Häusern gefeiert werden, zu entdecken.

Das ist die schöne, spannende und harte Arbeit der Galeristen: die Künstlerinnen und Künstler in ihrer Arbeit zu unterstützen und sie der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Für neue Ideen und Sehweisen zu kämpfen und dem Besucher vertraut machen, so dass später Kunsthallen und Museen mit grossen Ausstellungen folgen können.

1985 oder 1986 muss es gewesen sein – Paris Bastille. Menschen gehen und kommen. Unzählige. Allein und in Gruppen. Der Boden ist übersät mit Zetteln. Leute tragen die Zettel mit sich herum. Ich bücke mich, hebe einen auf. Ein Plan – Angaben, wo welche Künstler zu finden sind: porte ouverte. Ich mische mich unter die Gehenden, werde getrieben, folge in grosszügige Ateliers – abstrakte Malerei. Hinter den geschlossenen Häuserreihen und baumlosen Strassen öffnen sich riesigen Grasflächen, wo Hühner gackern und Schafe weiden. Feuchte Innenhöfe, schmaltreppig werde ich in die vierte Etage hinauf geschwemmt Eine Mansarde, an den Wänden einige Zeichnungen.

«Das Galerien-Wochenende ist Direktimport aus Paris.»

Dorothe Freiburghaus, Leiterin Kunstkeller Bern und Gastautorin

Auf dem Bett sitzt gleichsam zusammengefaltet der Künstler und schaut uns von unten herauf an. Eine Frage? Ein Gespräch? Schon bin ich wieder am Ausgang, gestossen von den Nachfolgenden. Ohne Berührung mit den aufwärts Kommenden ist an einen Abstieg nicht zu denken. Weiter: Bilder in einer Wohnung. Alles ist zu haben: Kitsch und Kunst. Weiter treppab in einen Keller. Hier wird gebastelt und wieder treppauf. Da drüben eine Galerie – die «Zentrale». Hier liegen Informationen auf, mögliche Rundgänge. Schon bin ich wieder auf der Strasse und lasse mich weitertreiben…

Sie ahnen es: Das Galerien-Wochenende ist Direktimport aus Paris. Was Künstler können, können auch Galerien. 1987 liefen die Berner Galerien mit ihrem ersten Galerien-Wochenende vom Stapel. Bern erlangte Vorbildfunktion für die übrigen Schweizerstädte.

Das Angebot wird von jeder Galeristin und jedem Galeristen zu diesem Anlass ausgewählt. Augenmerk: Qualität und, wenn möglich, auch Attraktivität. Wir Galeristinnen und Galeristen sind froh, dass in all den Jahren die meisten Besucher, Sie, die Galerien oder die Künstler wählen, deren Arbeit Sie interessiert, und dem Sie begegnen möchten. So verteilt sich der Besucherstrom. Es bleibt Raum und Musse für das Betrachten der Kunstwerke und spätestens bei der Podiumsdiskussion im PROGR für ein Gespräch.