Stadt und Kanton Bern haben sich offenbar geeinigt. Die Stadt kann dem Kanton die Hälfte des 160’000 Quadratmeter grossen Viererfeldes abkaufen. 49,2 Millionen Franken will die Stadt Bern für rund 81’000 Quadratmeter Land ausgeben und «darauf eine verdichtete Wohnüberbauung realisieren». Gerne hätte die Stadt das ganze Grundstück gehabt, wie Stadtpräsident Alexander Tschäppät bestätigt. Man könne nun den «wichtigen Teil» vom Kanton kaufen. Er geht davon aus, dass der Rest des Landes so oder so auf lange Sicht zwingend als Freifläche bestehen bleiben muss.
Der Kanton ist auf die Fläche nicht mehr angewiesen, weil er diese nicht mehr als strategische Reserve braucht, wie Regierungsrätin Barbara Egger-Jenzer gegenüber Journal B erklärt. Man brauche das Viererfeld nicht mehr zur Erweiterung der Universität und dieses Land eigne sich sehr gut für Wohnbauten. Dennoch behält der Kanton die halbe Fläche im eigenen Besitz, um dieses als Freifläche zu sichern, so Egger. Diese zusammenhängende Fläche wird der Kanton dem Quartier in den kommenden vierzig Jahren für öffentlich nutzbare Grün- Spiel-, Sport- und Freizeitanlagen zur Verfügung stellen. Damit will man auch die Angst vor dem Verlust der ganzen Grünfläche im Viererfeld etwas mindern, wie die Baudirektorin erklärt.
Beteiligte sollen in Planung miteinbezogen werden
Der Plan zur Überbauung des Viererfeldes ist nicht neu. Bereits 2004 konnte die Berner Stimmbevölkerung über ein ähnliches Projekt befinden und lehnte dieses ab. Nach den Vorstellungen des Gemeinderates erfolgt nun im November 2014 der nächste Anlauf. Die Bernerinnen und Berner stimmen dann über den Landkauf, die Umzonung des Landes und das Bauprojekt gleichzeitig ab. Der Stadtpräsident ist zuversichtlich, dass die Stimmbevölkerung dieses Mal das Projekt gutheisst. «Allerdings nur, wenn alle Beteiligten Gruppen von Beginn weg in den Planungsprozess einbezogen werden», so Tschäppät. Dass eine echte Partizipation jener Gruppen möglich ist, bezweifelt hingegen Luzius Theiler von der GPB-DA. Es mache ihn stutzig, dass das Projekt bereits sehr weit ausgearbeitet sei. Man räume man den Quartierbewohnerinnen und -bewohner ein Mitspracherecht ein, während die Stadtplaner bereits hinter den Plänens sässen und ein ausgearbeiteter Zeitplan inklusive Abstimmungstermin fixiert ist.
«Wir werden uns auch heute wieder gegen eine Überbauung des Viererfelds wehren.»
Luzius Theiler, GP-DA-Stadtrat
«Man will hier möglichst vollendete Tatsachen präsentieren», sagt der Stadtrat, der sich bereits vor rund zehn Jahren gegen ein Überbauungsprojekt auf dem Viererfeld eingesetzt hatte. «Wir werden uns auch heute wieder gegen eine Überbauung des Viererfelds wehren. Es ist eine grüne Lunge in einem dicht besiedelten Quartier.» Theiler geht davon aus, dass die Opposition in der Länggasse wiederum viel Unterstützung erhalten wird. Tschäppät glaubt hingegen, dass die Chancen besser sind, als vor zehn Jahren. Fehlende Wohnungen in der Stadt, was zu einem Anstieg der Mietpreise führt, sowie zunehmenden Verkehrsprobleme machen die Notwendigkeit von neuem Wohnraum deutlicher, als 2004, ist der Stadtpräsident überzeugt. Die Vorteile einer Weiterentwicklung der Stadt im Viererfeld sind für ihn klar ersichtlich. Ein grosser Teil der notwendigen Infrastruktur besteht bereits und die Anbindung an den Bahnhof ist gegeben.
GB fordert gemeinnütziger Wohnungsbau
Um die Beteiligung möglichst weiter Kreise sicherzustellen fand im April bereits ein runder Tisch mit Vertreterinnen und Vertreter des Quartiers, der Stadtratsfraktionen, der Grundeigentümerinnen und Grundeigentümer und andere Interessenvertreter statt. Weitere Treffen sollen folgen. Der Grossteil der Parteien hat schon letzten Herbst grundsätzliche Zustimmung zu den Absichten des Gemeinderates geäussert. Wie hoch die Ansprüche aber sind, zeigt eine erste Stellungnahme des Grünen Bündnis. Die Partei ist erfreut über den Landkauf, fordert aber gleichzeitig, dass bei der Überbauung der gemeinnützige Wohnungsbau im Vordergrund stehen muss. Das GB fordert, zu 100 Prozent auf gemeinnützige Wohnbauträger zu setzen. Der vorgesehene Anteil von 40 Prozent reiche bei weitem nicht aus. Zudem will GB, dass sich die Planung an den Zielen der 2000-Watt-Gesellschaft orientiert. Wie weitgehend solche Forderungen Aufnahme finden, wird sich noch dieses Jahr zeigen.
In einer ersten Phase will der Gemeinderat bis im Herbst 2013 ein Gesamtkonzept für das Gebiet entwickeln, welches Wohnbauzonen, Freiflächen und Verkehrserschliessung definiert. Mit in die Planung einbezogen wird auch das Grundstück «Viererfeld Süd», das so genannte «Mittelfeld». Damit will der Gemeinderat auch allfälligen Salamitaktik-Vorwürfen den Wind aus den Segeln nehmen, wie Tschäppät erklärt.
Nimmt Viererfeld Druck von der Waldstadt?
Tschäppät geht davon aus, dass eine Überbauung auf dem Viererfeld keinen direkten Einfluss auf eine künftige Planung der benachbarten Waldstadt hat. Dazu sind die Planungshorizonte zu unterschiedlich. Um im Bremgartenwald bauen zu können, wären gesetzliche Anpassungen auf nationaler Ebene notwendig, was noch Jahrzehnte dauern kann.
Vorerst wolle man zum Viererfeld keine Stellung nehmen, sagt SP-Stadtrat und Präsident des Vereins Pro Bremgartenwald David Stampfli. «Wir sind da für den Wald, das Viererfeld betrifft uns nicht.» Er könne sich aber gut vorstellen, dass eine Überbauung auf dem Viererfeld Druck vom Wald nehmen könne.