TW: In diesem Beitrag wird explizit rassistische Polizeigewalt thematisiert.
«Hey yo Nzoy, die Polizei erfand eine Geschichte…» ,dröhnt es aus den Lautsprechern. Es ist Freitag, der 10. März, etwa vierzig Personen haben sich auf dem Waisenhausplatz zusammengefunden und stehen bedächtig in einem Kreis. Ich unter ihnen.
Am 10. März begannen die Aktionstage gegen Rassismus und Racial Profiling. Am 10. März wäre Nzoy 39 Jahre alt geworden. Am 10. März trauern wir um ihn. Um einen Menschen, den ich nicht persönlich kannte. Um einen Menschen, der aufgrund seines Schwarzseins, aufgrund des latenten, institutionellen und polizeilichen Rassismus im Sommer 2021 am Bahnhof in Morges (VD) von der Polizei erschossen wurde.
Das Lied von Mohammed Wa Baile spielt weiter, wir lauschen seinen Worten, während der Wind so stark weht, als wolle er seine Stimme in die ganze Welt tragen: «Hey yo Nzoy, die Zeug*innen berichten dagegen ein ganz anderes Geschehen: Du warst nicht aggressiv, hattest kein Messer bei dir, du warst verängstigt, du warst aufgeregt. Die vier Polizist*innen haben ihre Waffen auf dich gerichtet, sie schossen drei Mal auf dich. Du lagst regungslos und blutend auf dem Boden und die Bullen legten dir Handschellen an. Wir fordern eine zweite Autopsie. Wir fordern autonome Pathologie.»
Wir sind still. Mir ist kalt. Uns allen ist kalt. Doch wir haben genug. Genug von diesem System, das Menschen opfert. Genug von den Lügen, von den Erzählungen, es sei ein Einzelfall, von der Behauptung, es gäbe kein Rassismus-Problem in der Schweiz. Allein Mike Ben Peter, Lamin Fatty und Hervé Mandundu, die in den letzten Jahren ihr Leben verloren haben, sind Beweis genug, dass das Problem systemisch ist. Die Liste der Betroffenen von Polizeigewalt und Racial Profiling geht noch viel weiter. Und würden wir die Namen aller jener kennen, deren Fälle nicht an die Öffentlichkeit kamen, weil sie zum Beispiel in Rückkehrzentren isoliert waren, oder weil sie auf der Flucht in die Schweiz starben, wäre die Liste endlos.
Die Aktionstage gehen weiter bis am 21. März und brauchen auch dich!
Du kannst unterstützen, in dem du dich weiter informierst, mit Menschen in deinem Umfeld darüber sprichst, spendest oder am besten gleich selbst mitorganisierst (Mail: justice@justice4nzoy, Insta: @justice4nzoy).
Alle weiteren Infos findest du hier.
Deshalb sind wir heute hier. Wir sind nicht nur traurig, nein, wir sind wütend. Wir fordern eine autonome Untersuchung für den Fall von Nzoy, wir fordern unabhängige Gerichte. Wir fordern das Ende von rassistischer Polizeigewalt. Wir fordern Veränderung. Denn Ungerechtigkeit geht uns alle etwas an.
Und wir hören nicht auf für Gerechtigkeit zu kämpfen, nein, wir hören nicht auf bis, wie Wa Baile singt, «die Polizei, die Gerichte Kopfschmerzen bekommen, ha, bis sie durchdrehen!»