«Ich arbeite an der Tagesschule in Wabern. Wir betreuen hier täglich bis zu siebzig Kinder ausserhalb der regulären Schulzeit. Wer in einem solchen Kontext arbeiten will, muss schon eine gewisse Lärmtoleranz haben.
Für mich ist Lärm eine Ansammlung von Tönen und Geräuschen, die ein Unwohlsein bei mir oder anderen auslösen. Es braucht eine gewisse Lautstärke oder Frequenz, damit ich es als Lärm empfinde. Aber das heisst nicht, dass etwas Lärm wäre, nur weil es laut ist.
An der Tagesschule entsteht Lärm meistens in geschlossenen Räumen. Vor allem am Mittagstisch mit siebzig Kindern, die ein und aus gehen, die sprechen, lachen und streiten, an dem Geschirr und Tische herumgeschoben werden. Die einzelnen Geräusche wären nicht störend, aber es braucht nicht viel, damit Lärm entsteht.
Erkennst du den Lärm, den Julie täglich begleitet? (Quelle: David Fürst)
An gewissen Tagen habe ich eine extrem hohe Lärmtoleranz und mich stört fast nichts. An anderen Tagen bin ich etwas lärmempfindlicher. Dann gibt es verschiedene Möglichkeiten, damit umzugehen. Einerseits kann man es mit den Kindern thematisieren: Wie empfindet ihr es gerade so? Ist es zu laut oder angenehm? Unter ihnen gibt es ja auch welche, die lärmempfindlicher sind als andere. Oder man kann den Lärm kanalisieren. In der Turnhalle gibt es zum Beispiel viele Momente, in denen die Kinder schreien möchten. Und dann schreien wir mal alle zusammen.
Im Team entscheiden wir jeweils sehr flexibel, wer wo gerade arbeiten will. Und die, die gerade ein bisschen lärmempfindlicher sind, können mit einer Gruppe Kindern nach draussen gehen. Persönlich schaue ich ausserdem oft, dass ich abends nach einem ganzen Tag an der Tagesschule nicht noch etwas Grosses mit vielen Leuten plane. Aber auch das ist sehr tagesabhängig.»
Kindergeschrei, Pferdegetrappel, Flugzeugdröhnen, Clubwummern. Zivilisation ist Lärm. Und der Ärger um Lärm ist so alt wie die menschliche Zivilisation. Schon 1403 wurden die Kornmüller in der Matte bei Androhung einer Geldstrafe gemahnt, bei ihren täglichen Fahrten in die Oberstadt nicht einen so grossen Lärm zu machen. Die Reichen entfliehen dem Lärm, Gesetze versuchen, Lärm einzudämmen und die Gesundheitsfolgen zu minimieren. Und manche machen auch ganz bewusst Lärm – Musik würden sie selbst sagen. Denn was als Lärm wahrgenommen wird, ist subjektiv. Wir gehen den unerwünschten Schallwellen Berns nach, vom leisesten zum lautesten Ort, zu verschiedenen Berufen, die von Lärm betroffen sind, und nehmen die Lärmklagen der letzten Jahre etwas genauer unter die Lupe.