Ir Chuchi vo Bärn isch überau

von Naomi Jones 10. Januar 2014

Es war Christian Brantschens Idee, eine CD in den verschiedenen Küchen der Autoren und Autorinnen aufzunehmen. Nach zweieinhalb Jahren Arbeit liegt nun die fünfte CD des Künstlerkollektivs «Bern ist überall» vor.

Weshalb die Küche? Die Antwort findet sich auf der CD selbst: Wenn Pedro Lenz aufzählt, was man in der Küche alles tun kann, beginnt er harmlos und sucht Wörter mit «ch»: «Ir Chuchi chame vüu. Me cha choche, chnüble u Ching erzie.» Doch dann lässt er den Blick aus dem Küchenfenster schweifen und den Gedanken freien Lauf, um mit den Polnischen Lastwagenfahrern, die für einen Hungerlohn Güter quer durch Europa führen, zu enden. In der eigenen Küche herrscht der gewohnte Überfluss. Sie ist der Nabel der Welt.

Melancholische Note

Ganz in der gewohnten Manier von «Bern ist überall» finden sich auf der CD 27 kurze Stücke, Texte und Musik. Was sie verbindet ist das weit gefasste Thema, das Motiv der Küchengeräusche in der Musik und die Arbeit mit Klang und Sprache. Etwa wenn Beat Sterchi auslotet, wie man «Fondue» richtig ausspricht oder wenn Michael Stauffer für Gleichberechtigung in der Küche sorgt, indem er in den Wörtern die Silbe «er» mit «sie» ersetzt bis er selbst zum Stauffsie wird.

Aber die «spoken poetry» käme nicht aus der Küche von «Bern ist überall» wenn sie beim Sprachspiel verharren würde. In den scheinbar harmlosen Texten und Geschichten steckt Kritik. Guy Krnetas «Modäu Fründin» hat mit der Affäre Hans Fehr pünktlich zum Erscheinungstermin gar Tagesaktualität erhalten.

Revaz, Jaccoud und Stauffer diskutieren unser schizophrenes Verhältnis zu Lebensmitteln. Denn Lebensmittel haben weit mehr Funktionen, als uns bloss zu ernähren. Meister hingegen schlägt gleich zu Beginn der CD den Bogen zur Weltliteratur und zitiert Goethe und Süskind. Sehr wesentlich gehört auch der Beitrag der Musiker Adi Blum, Christian Brantschen, Michael Pfeuti und Maru Rieben dazu. Die Musik ist das Gewürz im Gericht und bestimmt die geschmackliche Note: melancholisch, mit absurden und heiteren Momenten.

Sprechen über die Sprache

«Bern ist überall» feierte im letzten September das zehnjährige Bestehen der Gruppe. Im Sinne des Manifests lud die Gruppe befreundete Autorinnen und Autoren dazu ein, sich vor rund 500 Gästen über ihr Verhältnis zur Sprache, der gesprochenen und der schriftlichen zu äussern. Die Beiträge reichten von sehr persönlichen Gedanken und Anekdoten bis zur lebendigen Diskussion, welche Sprache nun in die Deutschschweizer Schulzimmer gehöre.