«Initiative gegen die Abzockerei»: Ruedi Löffel, Pro

von Anne-Careen Stoltze 12. Februar 2013

Am 3. März 2013 stimmt der Souverän über die Initiative «Gegen die Abzockerei» ab. Der Berner Grossrat Ruedi Löffel (EVP) empfiehlt ein Ja zur Initiative.

Ruedi Löffel engagiert sich für die Abzocker-Initiative und arbeitet als Projektleiter in der Berner Fachstelle Suchtprävention des Blauen Kreuzes. Dies sind seine Argumente:

«Die Abzockerinitiative schiebt der schamlosen und unanständigen Selbstbedienung in gewissen Teppichetagen einen Riegel. Der Gegenvorschlag dagegen ist löchrig wie ein guter Käse aus der Region. Aus Überzeugung unterstütze ich deshalb die Volksinitiative ‹gegen die Abzockerei›.

Unmut und verständnisloses Kopfschütteln über viel zu hohe Managerbezüge sind in der Bevölkerung weit verbreitet und nicht wirklich erstaunlich. Wenn Brady Dougan bei der Credit Suisse 70 Millionen Bonus erhält, Daniel Vasella in sechs Jahren bei Novartis mehr als 200 Millionen garniert, Percy Barnevik mit seinen Forderungen in der Höhe von 148 Millionen die ABB-Pensionskasse plündern will oder Thomas Limberger bei der vergleichsweise kleinen OC Oerlikon schon vor sechs Jahren mit 26 Millionen entschädigt wurde, ist das für viele Stimmbürgerinnen und Stimmbürger völlig unverständlich. Mit der Volksinitiative «gegen die Abzockerei» haben wir nun die Chance, solch überrissenen Bezügen des Top-Managements und der Verwaltungsratsmitglieder ein paar Massnahmen entgegenzuhalten. Die insgesamt 24 Forderungen der Initiative verriegeln die Hintertüren und Schlupflöcher für unanständige Bezüge ziemlich wirkungsvoll.

Bei einer allfälligen Ablehnung der Volksinitiative würde automatisch der indirekte Gegenvorschlag in Kraft treten. Er enthält ähnliche Forderungen wie die Initiative, ist aber insgesamt weniger streng. So ist nur mit der Initiative gewährleistet, dass Aktionärinnen und Aktionäre jedes Jahr über die Löhne der Geschäftsleitung abstimmen können, die Geschäftsleitung nicht an eine Tochterfirma ausgelagert werden kann und nicht länger ein Grossteil der Saläre in Form von Beraterhonoraren ausbezahlt wird. Goldene Fallschirme wären mit dem Gegenvorschlag weiterhin möglich, Prämien für Firmenkäufe oder -verkäufe ebenso. Auch die fehlenden Strafbestimmungen des Gegenvorschlages stellen ein unschönes Manko dar.

«So gesehen bieten weder die Initiative noch der Gegenvorschlag lückenlos Gewähr, dass Saläre und Bezüge tatsächlich im erhofften Mass sinken werden.»

Ruedi Löffel, EVP-Grossrat

Bezüglich der Wirksamkeit von Abzockerinitiative und Gegenvorschlag mache ich mir allerdings keine allzu grossen Illusionen. Obwohl die Aktionärinnen und Aktionäre mehr Rechte erhalten, um stärker auf die Vergütungspolitik Einfluss zu nehmen, wird es im Management von einzelnen Firmen auch in Zukunft exzessive Bezüge geben. Wenn Menschen von Gier und Masslosigkeit getrieben sind, werden sie immer wieder Mittel und Wege finden, um sich unrechtmässig zu bereichern. So gesehen bieten weder die Initiative noch der Gegenvorschlag lückenlos Gewähr, dass Saläre und Bezüge tatsächlich im erhofften Mass sinken werden.
Mehr Wirkung hätte ich mir diesbezüglich von einer Bonussteuer erhofft. Saläre über 3 Millionen Franken hätten nicht länger als Geschäftsaufwand geltend gemacht werden können und vom Unternehmen versteuert werden müssen. Das nationale Parlament hat die vorgeschlagene Bonussteuer bedauerlicherweise abgelehnt.

Bezüglich Umsetzungstempo der Abzockerinitiative streuen uns Economiesuisse und ihre bezahlten Blogger fröhlich Sand in die Augen: Sie behaupten, der Gegenvorschlag würde schneller wirken als die Initiative. Das ist Unsinn. Die allermeisten Bestimmungen der Volksinitiative sind vom Tag ihrer Annahme an direkt anwendbar. Schneller geht es nicht. Natürlich kommt dann irgendwann ein Bundesgesetz samt Verordnungen. Doch diese können die Bestimmungen der Initiative höchstens konkretisieren und Unsicherheiten klären. Für die Unternehmen wären sie schon vorher bindend anzuwenden. Abgesehen davon wurde die Abstimmung über die Initiative bei der Behandlung im Parlament um Jahre verzögert – von den gleichen Leuten, die sich nun zum Umsetzungstempo äussern.

Vereinzelt wurden Befürchtungen laut, die von der Initiative geforderte jährliche Einzelwahl aller Mitglieder des Verwaltungsrates könnte diesen destabilisieren und Angriffe sogenannter Heuschrecken erleichtern. Diese bringen kurzfristig und oft im Versteckten eine Firma unter ihre Kontrolle, platzieren ihre Vertreter im Verwaltungsrat, trimmen das Unternehmen ohne Rücksicht auf den Verlust von Arbeitsplätzen auf Profit und stossen es mit Gewinn wieder ab. Doch bereits heute kann eine Minderheit der Aktionärinnen und Aktionäre die Einberufung einer ausserordentlichen Generalversammlung erzwingen und ihre Vertreter zur Wahl in den Verwaltungsrat vorschlagen.

Meine Hoffnung auf einen wirksamen und strengen Gegenvorschlag zur Abzockerinitiative hat sich nicht erfüllt. Deshalb empfehle ich die Volksinitiative ‹gegen die Abzockerei› mit Überzeugung zur Annahme.

Stimmen wir am 3. März Ja und schieben wir damit der unanständigen Abzockerei einen Riegel vor!»