Im Kirchenfeld geraten Velofahrende leicht unter die Räder

von Anne-Careen Stoltze 28. November 2012

Velofahren im Kirchenfeld ist riskant. Auch zu Fuss gehen hat in dem Quartier seine Tücken. Dafür hat der Autoverkehr viel Platz. Das könnte sich bald ändern: Läbigi Stadt will die Doppelspuren abschaffen und fordert mehr Platz für Velostreifen.

Wer mit dem Velo in der Hauptverkehrszeit vom Thunplatz in Richtung Burgernziel fährt, hat wenig Platz neben Tramschienen und Autospuren. Besonders der Burgernzielkreisel ist eine regelrechte Velofalle. Auch die abschüssigen Jungfrau- und Marienstrasse sind äussert heikel. Ausserdem ist es für Fussgängerinnen kaum möglich die viel befahrene Thunstrasse zu überqueren. Das möchten der Verein Läbigi Stadt und die Quartiervertretung Quav4 nun ändern. 

Diskussion um Tempo 30

«Es gibt auf der Thunstrasse keine Velostreifen, deshalb fällt den Autolenkern kaum auf, dass sie die Fahrbahn teilen müssen», sagt Remo Goetschi von Läbigi Stadt. Das Velofahren sei auf vielen Strecken im Stadtteil Kirchenfeld-Brunnadern «gefährlich und unattraktiv». «Eigentlich hat die Stadt zum Ziel, den Stadtteil IV für den Veloverkehr attraktiv zu machen, aber im Teilverkehrsplan fürs Kirchenfeld sind diesbezüglich praktisch keine Massnahmen enthalten», kritisiert Goetschi. Läbigi Stadt fordert deshalb in ihrer Mitwirkung, dass auf der Thunstrasse Velostreifen markiert werden und Zebrastreifen mit Mitteinseln geprüft werden.

«Es soll keine Doppelspuren mehr geben.»

Läbigi Stadt

Weiter wünscht sich Läbigi Stadt, dass zwischen Helvetia- und Thunplatz Tempo 30 eingeführt wird. Ist das realistisch? «Grundsätzlich schon», meint Goetschi, der sich auf diesem Abschnitt eine Art Quartierzentrum vorstellen kann. «Es könnte eine Allee zum Flanieren entstehen.» Zudem soll die Stadt eine Vereinbarung erfüllen, die sie vor über zehn Jahren — als Gegenvorschlag zur zurückgezogenenen Volksinitiative Läbigi Stadt mit dem Verein abgeschlossen hat: Es soll im Quartier bis auf wenige Ausnahmen keine Doppelspuren mehr geben. 

Das lehnt die FDP Sektion Kirchenfeld grundweg ab: «Damit wären ein verkehrstechnischer Kollaps und längere Staus programmiert», begründet die FDP. Auch eine Tempo-30-Zone auf der Thunstrasse goutiert der Freisinn nicht, dies sei nicht praktikabel. Zum Einen müssten sich auch Busse und Trams an die Temporeduktion halten. Zum Andern befürchtet die FDP eher mehr Unfälle, weil den Fussgängern «trügerische Sicherheit vorsimuliert» würde.

«Mit Tempo 30 wären ein verkehrstechnischer Kollaps und längere Staus programmiert.»

FDP Sektion Kirchenfeld

«Die bürgerlichen Parteien sind immer gegen eine Verkehrsberuhigung», weiss Sabine Schärrer, Präsidentin von Quav4. Es sei jedoch ein Fakt, dass der Veloverkehr im Quartier zu wenig Platz hat. Als unkomplizierte Lösung schlägt Quav4 in der Mitwirkung deshalb vor, dass die Trottoirs vermehrt auch von Velofahrenden genutzt werden dürfen. Dies ist heute auf wenigen Abschnitten bereits möglich. Dazu wären aber weitere Abklärungen und ein rücksichtsvolleres Verhalten der Velofahrenden nötig.

Zudem empfiehlt Quav4, dass auf einigen besonders heiklen Strassenabschnitten einfach die Parkierordnung zugunsten des Veloverkehrs geändert wird. Gleiches schlägt das Grüne Bündnis vor: überall dort, wo sich parkierte Autos und Velos in die Quere kommen, sollen «Parkplätze konsequent zugunsten von Velostreifen aufgehoben werden». Das GB fordert weiter, dass auf Kreuzungen und wenn Velos zwischen zwei Autospuren fahren müssen, rote Velowege markiert werden. 

Tramdepot überbauen und Kreisel sanieren

Eine echte Velofalle ist der Kreisel am Burgernziel. Hier plant die Stadt einen umfassenden Umbau, der die heutige Situation entschärften soll. Dies ist auch deshalb nötig, weil in den nächsten Jahren garantiert Mehrverkehr ins Quartier kommen wird. Die Stadt will an die 100 Wohnungen auf dem 

ehemaligen Tramdepot realisieren. Im Erdgeschoss ist Platz für Geschäfte und für einen Quartiertreff vorgesehen; die Autos verschwinden in einer Tiefgarage. Der Quav4 träumt schon von einem Zentrum auf der heute öden Tramdepotfläche, von einem belebten Ort, an dem sich die Bewohnerinnen treffen können. Denn dafür gibt es rund ums Burgernziel wenig Gelegenheiten. In der nächsten Woche endet der Architekturwettbewerb und in zwei Jahren soll Spatenstich sein.

Schön und gut, doch etwas stört Sabine Schärrer: Der unfallträchtige Kreisel am Burgernziel und der Umbau der Thunstrasse im Perimeter der Überbauung soll erst nach dem Neubau saniert werden. «Das ist ein Unding. Die Stadt soll beides zeitgleich machen. Das ist uns ein grosses Anliegen», betont Schärrer. Andernfalls würde es für die neuen Gewerbler gleich nach dem Einzug schwer ein Geschäft aufzubauen.