Letztes Jahr waren Sie beim allerersten «Reitgenössischen» dabei. Wie kams dazu?
Ich war gerade zu Besuch in Bern, zu dem Zeitpunkt lebte ich noch in Nairobi. Meine damalige Freundin und heutige Frau sah die Ausschreibung und fragte mich, ob es mich interessieren könnte. Ich sagte Ja. Ich hörte «Swiss Wrestling», und ich war dabei.
Sagte Ihnen die Sportart überhaupt was?
Nein, überhaupt nicht. Bis dahin hatte ich nie davon gehört. Ich habe mir aber am Tag vor dem Turnier noch ein paar Youtube-Videos angeschaut und vergebens nach Erklärungen der Regeln gesucht. Am Samstagmorgen wusste ich eigentlich immer noch nicht viel. Die Vorgaben wurden mir dann in der Reitschule erklärt. Im Tojo haben wir uns aufgewärmt, und dann ging es auch schon in die erste Runde.
Und wie lief Ihr erster «Hoselupf»?
Ich war zu Beginn etwas angespannt. Die anderen wirkten, als würden sie die Sportart schon besser kennen, ein paar Kranzschwinger waren auch darunter. Den ersten Durchgang betrachtete ich also als Übungsrunde: Ich wollte sehen, was der andere tut, wie er mich anfasst. Die Technik lernen halt. Und mir wurde klar: Okay, es geht darum, zusammen zu ringen und den anderen auf den Boden zu legen. Ich war es dann, der im Sägemehl landete. Aber nur in der ersten Runde. Danach habe ich nicht mehr verloren. Ich wollte keinem mehr erlauben, mich auf den Rücken zu legen.
Ein Wettkampf ist wie Schach oder wie das Spiel zwischen Katz und Maus.
Hat es Ihnen Spass gemacht?
Sehr! Schwingen ist ein Kontaktsport, bei dem du die Stärke des anderen testest. Aber nicht primär die körperliche, es hat viel mit deinem Geist zu tun. Das Gewicht und die Grösse des Gegners spielen am Schluss keine Rolle.
Und wie finden Sie zu mentaler Stärke?
Ich schaue die andere Person an, weiche nicht aus. Und ich internalisiere «I Can Do It». Ein Wettkampf ist wie Schach oder wie das Spiel zwischen Katz und Maus: Du musst dem anderen einen Schritt voraus sein. Und keine Angst haben, ist auch wichtig. Angst blockiert.
Klingt, als wäre die Wettkampfsituation nicht neu für Sie.
Ich boxe jeden Tag. Das ist mein Leben.
Wie war die Atmosphäre am «Reitgenössichen»?
Ich war zum ersten Mal in der Schweiz und verstand die Sprache kaum. Aber ich hatte eine kleine Fanbasis, die am Turnier war. Das tat gut. Wenn auch nur eine einzige Stimme «Go Ishmael» rief, motivierte mich das.
Eigentlich bin ich am gleichen Punkt wie im letzten Jahr.
Nach dem Sieg beim alternativen Schwingen: Könnten Sie sich vorstellen, an einem traditionellen Turnier teilzunehmen?
Warum auch nicht?
Fürs «Reitgenössische» haben Sie sich wieder angemeldet. Haben Sie in der Zwischenzeit trainiert, um den Titel verteidigen zu können?
Nein. Denn wer würde mit mir üben? Wer hält Schwingen für eine coole Sportart? Es ist ein traditioneller Sport, doch kaum jemand, den ich kenne, schwingt. Und ich habe auch die meisten Regeln wieder vergessen. Eigentlich bin ich am gleichen Punkt wie im letzten Jahr. Aber ich freue mich auf den Anlass, weil ich dort wieder Spass haben werde.
Und was werden Sie frühstücken, damit der Mageninhalt bei einem spektakulären Wurf nicht in den Sägespänen landet?
Gar nicht! Ich frühstücke nie.
Das diesjährige Reitgenössische findet am Sa., 8.7., 12 Uhr im Innenhof der Reitschule statt.