«Mit Lache cha me Meinige ufweiche, Verchrampfige löse, abbrocheni Diskussione wieder i Gang bringe. We eine nie lachet, cha me ne doch nid ärnscht näh!» mit diesen Worten und der Erinnerung an Bundesrat Merz und sein Bündnerfleisch, das auf Youtube Karriere macht, steigt Heinz Däpp in den 2. Teil seines Programm. Mit der einzigen echten Wahlempfehlung des Abends. «Wählet die, wo chöi lache. U die, wo über sich sälber chöi lache, chöit dr kumuliere!».
Vor der Pause zieht er die etablierten Parteien durch den Kakao, so dass man zur Überzeugung gelangen kann: da ist eigentlich niemand wählbar. Das sei – so Däpp – ja doch immer ein Nullsummenspiel, eine Art Apfelschussszene, bei der Walterli diesmal einen wurmstichigen Apfel auf dem Kopf gesetzt bekomme. Aber schlussendlich ändere sich ja wohl doch wieder nichts im Schweizerland. Vielleicht ein Sitz hier dazu und dort einer weg, aber am Schluss sind alle zufrieden, weil die Verlierer nicht so viel verloren haben, wie sie befürchten mussten. Und die Sieger sich nicht zu laut feiern wollen, weil sie ja dann vielleicht das nächste Mal … alles wie gehabt, also.
Aber Däpp, der Wortakrobat macht auch aus einem Nicht-Event eine höchst vergnügliche Sache, nimmt Wahlversprechen auf die Schippe, karikiert Kandidatinnen und Kandidaten, entzaubert die Zauberformel und persifliert das Meinungsforschungsinstitut Simsalabim.
Die FDP? Ein Haufen Eigenverantwortungsfanatiker, die am liebsten die Luft privatisieren und die Fürze der Kühe zu Geld machen würden. Bei der Feuerwehr führen sie New Public Management ein, damit – wenn es brennt – jede/r zuerst bei der Feuerwehr einen Kostenvoranschlag einholen kann, bevor er oder sie sich entscheidet, ob ein Löscheinsatz sich lohnen könnte.
Die SP? Eine müde Kampftruppe, die hinter der Fahne her trottet, «und man weiss nicht so recht, sind das jetzt noch die roten oder schon die grauen Panther». Ganz zuhinterst nur sichtet Däpp einen Büetzer – aber: «aaah nei, es isch ja nume ne Künschtler».
Über die SVP, «die Heilandstonnere», will Däpp nichts sagen (Sie hätten übrigens Gratiseintritt, heisst es auf dem Programm, «weil sies am meisten nötig hätten», aber man zweifelt, ob da wirklich einer gekommen ist. Oder doch? Dort ganz vorne, die Zwei, die doch nach der Pause fehlen, aber man will ja nichts gesagt haben….). Also die SVP: Natürlich gibt es dann trotz anderslautender Ansage ganz viel zu sagen zu Köppel, Glarner, Salzmann, Aebi und Amstutz, aber halt däpp-mässig indirekt. Und nicht minder bissig.
Fehlen noch die Grünen. Da spürt man beim Altachtundsechziger mit Schnauz, schwarzen Anzug und rotem Hemd fast am meisten Beisshemmungen. Regula Rytz als «Populärausgabe von Rosa Luxemburg» zu bezeichnen, ist im Gegensatz zu den bissigen Vergleichen eher eine Liebkosung. Obs an der Greta-Welle liegt? Oder daran, dass im Publikum eine grüne Gemeinderätin sitzt?
Von Erzengeln und Frohnaturen
Nach der Pause geht’s dann von den grossen Parteien zu jenen, «wo ir Mitti dürehange». Als erstes kommen die Schlaumeier dran, die sich – o-Ton Däpp – das Etikett «grün» und «liberal» angehängt haben. Jungdynamisch, unverbindlech, selbstbewusst und volksverbunden… Und es würde Däpp nicht verwundern, wenn sie Tiana Angelina Moser im Silicon Valley einbürgern und dann als Gegenkandidatin zu Trump aufbauen würden. Wenn es gegen Zürcher Grössen geht, zieht Däpp locker vom Leder, und hat die Lacher auf sicher, mit der Berner GLP-Kandidatin geht er wesentlich pfleglicher um, liesse sich sogar mit ihr aufs Selfie bannen.
BdP, CVP, EVP … Däpp switcht von einer Partei zur andern und wechselt zwischen Stehpult und Lederstuhl hin und her, hinter ihm auf der Leinwand erscheinen Cartoons von Altmeister Pfuschi (Heinz Pfister), was so eine höchst amüsante eigene visuelle Spur ergibt.
Bissig, aber nie verletzend zeichnet Däpp das Berner Politpersonal – Marianne Streiff, «das Äbebild vom Erzängel Gabriel», Beatrice Simon, «die Frohnatur», die an jeder Hundsverlochete Hände schüttelt – und er zeichnet nuanciert das Parteienspekturm von ganz rechts bis ganz links. Seine Vermutungen, wo das Geld für die Wahlkampagnen herkommt, «sy Vermuetige, aber so langs keni gsetzleche Bestimmige git über die Parteiefinanzierig, si mr haut äbe uf Vermuetige agwiese.»
Nach einem etwas gar lang geratenen Seitenheib auf die Arena bringt Däpp einen Vorschlag für einen neu zusammengesetzten Bundesrat, und läuft damit wieder zu grosser Form auf. Er hat da ein paar kreative Vorschläge, will beispielsweise Tamara Funiciello als Nachfolgerin für Sommaruga aufbauen, («die gieng mit ihrem Namen locker als Tessinere düre, und de chönnt me dr Cassis früehpensioniere»). Maurer würde er nach Washington schicken – nach einem Englisch-Anfängerkurs in an der Migros Clubschule.
Das Schlusswort ist dann überraschend ernsthaft und staatserhaltend. Wir wählen am 20. Oktober ja nicht nur Parteien und Köpfe, resümiert Däpp, sondern auch «üses chli müehsame u längwilige, aber stabile politische System» und das sei ja heutzutage, da Populisten und Autokraten andernorts regierten, eben doch ganz ok. «O bi üs chlemmts bi vielem, aber si mr ehrlech: Es chönnt schlimmer si».
Und so macht sich das mehrheitlich ergraute Publikum gelöst auf den Heimweg. Die Lachmuskeln sind angenehm durchgerüttelt. Und der Abend war jedenfalls einiges unterhaltsamer als das Wahlpodium im Bären mit dem austarierten Kandidatenkreis und den wohltemperierten Fragen. Und mögen die Jungen ihren Wahlkampf im digitalen Raum ausfechten, die Alten sind im analogen immer noch trittsicherer.
Heinz Däpp tourt mit seinem Programm (Details unter www.heinzdäpp.ch) bis zu den Wahlen durch die Berner Lande und kommt am 6. Oktober nochmals in die Cappella.