Global denken, lokal streiken

von Lena Bühler 15. September 2021

Auch in Bern waren die Auswirkungen der Klimakrise dieses Jahr spürbar. Die Aare ist über die Ufer getreten, es kam zu Starkniederschlägen und Landwirt*innen litten an Ernteausfällen. Der klimagerechte Wandel muss dringend eingeleitet werden. Es ist also höchste Zeit für den nächsten Klimastreik. Auch in Bern.

Mehr als zweieinhalb Jahre ist es her, dass der Klimastreik in der Schweiz zum ersten Mal zu einer Demonstration aufgerufen hat. Mehr als fünfeinhalb Jahre sind vergangen, seit die Schweiz gemeinsam mit 194 anderen Staaten das Pariser Klimaabkommen unterzeichnete. Und seit fünf Jahrzehnten ist bekannt, dass die Folgen der Klimakrise irreversibel sind.

Seitdem ist viel Zeit verloren gegangen – gefüllt mit leeren Versprechen, schönen Worten, Ausreden und zu wenig tiefgreifenden oder unsozialen Massnahmen.  Die Klimakrise nimmt keine Rücksicht auf langsame Demokratieprozesse oder das Streben nach mehr Profiten von multinationalen Konzernen. Der Klimakrise ist es egal, wieso wir daran scheitern, Treibhausgase radikal zu reduzieren. Mit der Physik kann man nunmal nicht verhandeln.

Die drastischen Folgen der Klimakrise zeigen sich auch diesen Sommer immer deutlicher.

Während weite Teile des europäischen Mittelmeerraums einmal mehr, jedoch in einem neuen, verheerenden Ausmass, in Flammen stehen, kommt es in der Schweiz zu heftigen Regenfällen, Überschwemmungen und Stürmen. Laut MeteoSchweiz sei der Juli in der Nordschweiz einer der fünf niederschlagsreichsten Monate seit Beginn der Wetteraufzeichnungen gewesen, an zahlreichen Messstationen seien langjährige Mengenrekorde geknackt worden. In Bern ist die Aare über die Ufer getreten, tausende Hühner sind ertrunken und die Starkniederschläge haben auf den Feldern von zahlreichen Landwirt*innen Schäden angerichtet. Je nach Rücklagen und staatlichen Subventionen kann das für die Betriebe nicht nur die Ernte, sondern auch die Existenz in Gefahr bringen.

In Deutschland kam es bei ähnlichen Wetterverhältnissen sogar zu mehreren hundert Todesopfern.

All das zeigt: Die Klimakrise findet nicht erst in einem fernen Irgendwann statt, das wir Zukunft nennen, sie beschränkt sich nicht nur auf einige Regionen der Erde und – wer hätte das gedacht – sie ist auch nicht nur das Problem der Eisbären. Nein! Die Klimakrise ist jetzt, sie ist hier und sie betrifft uns alle.

Klar ist aber, dass sie nicht alle mit der gleichen Härte trifft. Was wir in diesem Sommer in der Schweiz erlebt haben ist gravierend genug und keinesfalls kleinzureden. Dennoch müssen wir uns darüber im Klaren sein, dass es Menschen gibt, die noch weitaus stärker unter der Klimakrise leiden. Menschen, die in Madagaskar aufgrund von Trockenperioden Hunger leiden, die von den anhaltenden Feuern in Südeuropa betroffen waren oder die in Indien Extremtemperaturen ausgesetzt sind. Schon heute verlieren Menschen ihre Existenz, ihre Heimat, ihr Leben. Geschichtlich betrachtet sind dies jedoch oft Menschen aus jenen Regionen und Gemeinschaften, die in der Vergangenheit weniger Treibhausgase emittierten. Vereinfacht gesagt: Wer die wenigste historische Verantwortung trägt, leidet heute und in Zukunft am stärksten unter der Klimakrise. Mit Gerechtigkeit hat das wenig zu tun.

Die gute Nachricht ist: Der neueste Bericht der ersten Arbeitsgruppe des Weltklimarats IPCC zeigt, dass es rein physikalisch noch möglich ist, die Erhitzung auf 1,5°C gegenüber dem vorindustriellen Zeitalter zu begrenzen und damit das Ausmass an Zerstörung so klein wie möglich zu halten. Noch haben wir es in der Hand. Um das scheinbar Unmögliche möglich zu machen, ist aber ein radikales Umdenken in der Gesellschaft und einen Richtungswechsel in Politik und Wirtschaft dringend notwendig. Dieser Wandel wird nicht von selber passieren. Es braucht eine starke und kreative Klimabewegung, welche immer wieder den Finger in die offene Wunde legt und sagt: Wir können diesen klimazerstörerischen und ungerechten Status Quo nicht länger akzeptieren.

Genau das wird der Klimastreik Bern am 24. September machen. Im Rahmen des internationalen Klimastreiks gehen wir erneut auf dem Münsterplatz auf die Strasse und fordern lautstark eine klimagerechte Gesellschaft ein. Mit Reden, Gedichten und Musikbeiträgen wollen wir denjenigen Menschen eine Stimme geben, welche schon heute am meisten unter den Folgen der Klimakrise leiden.

Journal B unterstützen

Unabhängiger Journalismus kostet. Deshalb brauchen wir dich. Werde jetzt Mitglied oder spende.

Journal B Newsletter

Gerne senden wir Ihnen einmal pro Woche eine Zusammenstellung der wichtigsten Beiträge.

Jetzt kostenlos abonnieren: