Gerangel um Berner Radio- und Fernsehkonzessionen

von Willi Egloff 13. Juni 2023

Medienpolitik Im Januar hat das Bundesamt für Kommunikation (BAKOM) schweizweit insgesamt 38 Konzessionen für lokale und regionale Radio- oder Fernsehprogramme ausgeschrieben. Sieben dieser Konzessionen betreffen den Kanton Bern. Am Montag hat das Bundesamt bekannt gegeben, wer sich dafür beworben hat.

Wer früher in der Schweiz ein Radio- oder Fernsehprogramm ausstrahlen wollte, brauchte dafür bis vor einigen Jahren eine Konzession des Bundes. Heute ist das nicht mehr der Fall. Wer es sich leisten kann, darf hierzulande grundsätzlich Radio oder Fernsehen machen.

Allerdings gibt es weiterhin Konzessionen für lokale und regionale Radios und für regionale Fernsehveranstalter*innen. Wer sie erhält, hat im Gegensatz zu allen andern Anbieter*innen Anspruch auf die Zuteilung von Verbreitungsmöglichkeiten über die bestehenden Sendeanlagen sowie auf Anteile aus den Haushaltabgaben, die wir alle für den Empfang von Radio- und Fernsehsendungen entrichten. Als Gegenleistung sind diese konzessionierten Veranstalter*innen verpflichtet, bestimmte Programmleistungen im Bereich der lokalen oder regionalen Information und der örtlichen Kultur zu erbringen.

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Wie die Bekanntgabe der beim BAKOM eingereichten Gesuche nun zeigt, besteht erhebliches Interesse an solchen Konzessionen. Für die sieben den Kanton betreffenden Konzessionen haben sich zehn Bewerber*innen gemeldet. Drei von ihnen werden also mit Sicherheit leer ausgehen.

Keine Konkurrenz für Radio RaBe und neo 1

Zurücklehnen können sich wohl schon das Stadtberner Alternativradio RaBe und das Emmentaler Radio neo 1. Sie sind beide die einzigen Bewerberinnen für die von ihnen beanspruchten Konzessionen. Da sie sich in ihren jeweiligen Sendegebieten fest etabliert haben, dürfte ihr Weiterbestehen unbestritten sein.

Ähnliches gilt für die beiden in Biel domizilierten Sender Radio Jura Bernois und Canal 3. Sie bleiben ohne Konkurrenz und werden daher auch in Zukunft die mit der Konzession verbundene finanzielle Unterstützung erhalten. Gefährdet ist nur der im gleichen Unternehmen beheimatete Fernsehsender Télébielingue, mit dem sie eng zusammenarbeiten. Da dieser so indirekt zur Finanzierung der Radioprogramme beiträgt, würde sich ein Ende der Fernsehkonzession wohl auch auf die beiden Radios auswirken.

Für die kommerziellen Lokalradios gibt es keine programmlichen Leistungsaufträge mehr.

In der Agglomeration Bern wird es in Zukunft nur noch die Konzession für ein komplementäres Lokalradio geben, die seit 1996 Radio RaBe inne hat. Die früheren Konzessionen für kommerzielle Lokalradios, die aber zu keinen finanziellen Abgeltungen berechtigt hatten und die bis vor kurzem von Radio Energy Bern und Radio Bern 1 gehalten wurden, sind von den Veranstalterinnen zurückgegeben worden und werden nicht mehr neu ausgeschrieben. Es gibt für diese beiden Stationen daher auch keine programmlichen Leistungsaufträge mehr.

Ein Thuner Verlag fordert Radio BeO heraus

Sorgen machen muss sich hingegen Radio Berner Oberland. Als Folge der komplizierten Topografie und der damit verbundenen hohen Kosten für die Verbreitung eines Radioprogramms in diesem Gebiet ist ein Regionalsender ohne finanzielle Unterstützung des Bundes kaum machbar. Auch bestehen nur relativ beschränkte Möglichkeiten der Finanzierung über Radiowerbung. Deshalb hat das BAKOM hier wiederum eine Konzession auch für ein kommerzielles Regionalradio ausgeschrieben, die mit 2 Millionen Franken dotiert ist.

Für diese Konzession bewirbt sich neben dem in Interlaken domizilierten und seit 1987 sendenden Radio Berner Oberland (Radio BeO) nun auch eine neue Veranstalterin aus Thun. Diese will ihr Programm laut Gesuchsunterlagen ebenfalls Radio Berner Oberland nennen, was ohne Zweifel zu erheblicher Verwirrung führen wird. Offenbar steht als Alternative auch der Name Radio Blüemlisalp zur Diskussion.

Der grösste Wettkampf zeichnet sich hinsichtlich der beiden für das Gebiet des Kantons Bern ausgeschriebenen Konzessionen für Regionalfernsehen ab.

Hinter diesem Gesuch steht die Weber Verlag AG, ein 1991 gegründeter Sachbuchverlag mit einem vergleichsweise umfangreichen Verlagsprogramm. Allerdings war dieser Verlag bisher nicht im Bereich des Radios tätig. Das fehlende Know-how soll gemäss Unterlagen wohl durch eine Zusammenarbeit mit der den Deutschschweizer Radiomarkt dominierenden CH Media AG gesichert werden.

Gerangel um die beiden Fernsehkonzessionen

Der grösste Wettkampf zeichnet sich aber hinsichtlich der beiden für das Gebiet des Kantons Bern ausgeschriebenen Konzessionen für Regionalfernsehen ab.

Inhaberinnen der bisher geltenden Konzessionen sind in der Agglomeration Biel die Télébielingue AG, die ein zweisprachiges Programm für den Berner Jura, die Stadt Biel und das Seeland veranstaltet, und in der Agglomeration Bern die AZ Regionalfernsehen AG, die dort den Sender TeleBärn betreibt. Beide werden von neuen Playern herausgefordert.

In Biel ist es das im Jurabogen tätige Regionalfernsehen Canal Alpha, das sich um die neu zu vergebende Konzession bewirbt. Die im Kanton Neuenburg domizilierte Veranstalterin möchte ihr Sendegebiet auch auf den Berner Jura und die Stadt Biel ausdehnen und plant daher unter dem Titel «Canal B» ein zusätzliches Programm. Dieses soll zweisprachig sein, sich also auch an ein Deutschschweizer Publikum in der Region Biel-Seeland richten.

Die Konzession in Biel ist mit 3,69 Millionen Franken dotiert, diejenige in Bern mit 3,27 Millionen Franken.

In der Agglomeration Bern wird TeleBärn von einem Konsortium herausgefordert, welches sich um die Gratiszeitung Berner Bär und das Basler Regionalfernsehen Telebasel gebildet hat. Die Initiant*innen behaupten, dass sie ein näher am Berner Publikum funktionierendes und mit mehr lokaler Information ausgestattetes Regionalfernsehen produzieren werden, als dies bei TeleBärn zuletzt der Fall war.

Allerdings hat TeleBärn keineswegs die Absicht, das Feld kampflos zu räumen. In ihrem Konzessionsgesuch kündigen sie ebenfalls vermehrte lokale Information und neue Sendeformate an.

In beiden Fällen geht es um ziemlich viel Geld. Die Konzession in Biel ist mit 3,69 Millionen Franken dotiert, diejenige in Bern mit 3,27 Millionen Franken. Auf solche Beträge verzichtet niemand so ohne weiteres.

Vernehmlassung bei den Kantonen

Der Entscheid über diese Konzessionsgesuche durch eine staatliche Behörde ist ausgesprochen heikel. Denn der Staat greift dadurch gezielt und ganz direkt in die Medienfreiheit ein. Um diesen Entscheid möglichst objektiv zu fällen, hat das BAKOM einen umfangreichen Kriterienkatalog entwickelt, der bei der Vergabe der Konzessionen zur Anwendung kommen soll.

Der Entscheid über diese Konzessionsgesuche durch eine staatliche Behörde ist ausgesprochen heikel.

Zunächst aber läuft für alle Konzessionen, bei denen es mehr als eine Bewerbung gibt, ein Vernehmlassungsverfahren. Die Kantone im Sendegbiet und die jeweiligen Mitbewerber*innen können sich bis zum 7. Juli zu diesen Gesuchen äussern.

Anschliessend will das BAKOM seine Entscheidungen treffen und noch im laufenden Jahr die Konzessionen erteilen. Sollten sich abgewiesene Gesuchsteller*innen aber gerichtlich gegen einen solchen Entscheid wehren, wäre dieser Zeitplan mit Sicherheit nicht einzuhalten.