Geistergondeln

von Susanne Leuenberger 10. Januar 2023

Das Alpine Museum sammelt in der Biwak-Ausstellung «Après-Lift. Skiberge im Wandel» Erinnerungen an Sesselbahnen und Bügellifte eingestellter Skigebiete.

Gespenstisch wirkt die Bergstation mit den eingeschlagenen Fensterscheiben und den verwitterten Drahtseilen, die sie mit der Talstation verbinden. Super Saint-Bernard, ein ehemaliges Skigebiet oberhalb des Alpenpasses, 1962 erbaut, 2010 stillgelegt, wirkt so, als hätten die Betreiber es Hals über Kopf verlassen. Heute sollen ab und an Menschen auf der Flucht in den stillstehenden Berggondeln Unterschlupf finden. Ansonsten zieht die Anlage vor allem Ruinenromantiker*innen an.

Die Initiant:innen investierten privates Geld und viele Arbeitsstunden in den Bau des Skilifts in Moneto. (Foto: Paolo Madonna)

Mit dem Schnee verschwindet eine Kultur- und Sporttechnik: Mehr als 
40 Prozent der insgesamt 550 Ski­anlagen, die im Wintersportboom der 1960er-Jahre erbaut wurden, sind mittlerweile ausser Betrieb. Nicht nur unsichere Schneelagen, auch die mangelnde Rentabilität wird besonders kleineren Skigebieten zum Verhängnis.

«Teebüteli» an der Decke

Die Biwak-Ausstellung «Après-Lift. Skiberge im Wandel» im Alpinen Museum der Schweiz schwelgt mit Hörstationen und Bildern in Erinnerungen an verschwundene Skibügel und Gondellifte. So erzählen die Jugendlichen Yula und Paulina aus dem appenzellischen Trogen vom «brutalsten Skilift» überhaupt. Im steilen Waldstück verloren sie die Bodenhaftung, nie aber die Lust am Skifahren. Als der Trogener Skibetrieb 2017 eingestellt wurde, ging damit ein Stück Kindheit und Dorfgeschichte zu Ende.

Als in Trogen noch Skibilletts durch das Fenster des alten Skilifthäuschen gingen. (Foto: Kantonsbibliothek Appenzell Ausserrhoden / Va Skilift Trogen-Breitenebnet AG)

Zu hören ist auch René 
Bolliger, dessen Eltern in Walde bis 2003 den längsten Skilift des Kantons, das «Highlight des Aargaus», wie Bolliger ironiefrei sagt, betrieben. Er erinnert sich an die Garagenbeiz neben der Piste, die seine Mutter führte. Weil auch reichlich Schnaps im Tee war, landeten die «Teebüteli» öfters an der Decke.

Grosser Andrang am Skilift in Walde. (Foto: zVg von René Bolliger, Fotograf:in: unbekannt)

Für immer abgestellt

«Lost Ski Area Project» nennt sich ein Forschungsprojekt des deutschen Politologen Christoph Schuck. Auch er kommt in der Ausstellung zu Wort. Der Forscher will dem Skiliftschwund auf die Spur kommen, wie er in einer weiteren Hörstation erklärt. Seine Faszination fürs Skifahren entwickelte Schuck in den Wintersporturlauben seiner Kindheit im walliserischen 
Ernen, ein kleiner Schlepplift am Dorfeingang zog ihn hangaufwärts.

Die alte Talstation des Sesselliftes in Erner Galen.
(Foto: Daniel Anker)

«Après-Lift» basiert auf Recherchen des Bergpublizisten Daniel 
Anker. Neben den Hörstationen sind grossformatige Bilder des Berner Fotografen Olivier Rüegsegger zu sehen, etwa von den todgeweihten Skiliften am Tête de Ran in Neuenburg. Auch sie werden kommendes Jahr für immer abgestellt.

Bald werden sie abgerissen: einer der todgeweihten Skilifte der Tête de Ran. (Foto: Olivier Rüegsegger, ©Alpines Museum der Schweiz)

Dieser Beitrag erschien zuerst bei der Berner Kulturagenda.