Ferienfilme: «Zugzwang»

von Raff Fluri 11. August 2021

Fliegen ist zur Zeit umständlich, Reisen ins Ausland sowieso etwas kompliziert. Da bietet sich eine Zugfahrt geradezu an: Sorgenfrei kann man die vorbeiziehende Landschaft in voller Ruhe geniessen und die Dimensionen der Reise durch den sanften Wandel der Landschaft und der Städtebilder spüren. Doch stell dir vor: Du wachst eines Tages zu Hause auf und bist doch schon unterwegs…

Der Kurzfilm «Zugzwang», gedreht 2007, erhält durch die Pandemie eine neue Bedeutung. Wie die beiden Filmemacher Simon Baumann und Andreas Pfiffner vor 14 Jahren auf die Idee kamen, wissen sie heute nicht mehr so genau. «Wir wollten vor allem mit kleinen phantastischen Elementen eine Alltagssituation aufbrechen und mit Irritationen arbeiten» erinnert sich Simon, «und auch mal etwas Fiktionales versuchen». Denn schon damals arbeiteten die beiden fast ausschliesslich dokumentarisch. «Zugzwang» entstand in sehr kurzer Zeit, ohne Budget und mit Freunden als Darsteller.

Simon Baumann und Andreas Pfiffner lernten sich 1998 am Konservatorium in Biel kennen. Wegen ihrer Begeisterung für Musik, Film und neue Medien absolvierten sie anschliessend gemeinsam den Studiengang Musik und Medienkunst an der Hochschule der Künste Bern. Heute engagieren sie sich auf unterschiedlichste Weise für das Kultur- und Filmschaffen und realisieren gemeinsam Filme. Sie kreierten 2007 die erste webbasierte Doku-Serie der Schweiz, «Hope Music». Ihr Humor, manchmal Grenzen auslotend aber dennoch sympathisch, kam erstmals im satirischen Kurzfilm «Emozioniere» (2009) und im Langfilm «Image Problem» (2012) zur Geltung, in denen sie sich als Filmemacher hinter der Kamera über das Gezeigte oder zu Zeigende unterhalten. Ein Teil dieses unverwechselbaren Stils floss dann auch in den Dokumentarfilm «Zum Beispiel Suberg», mit dem Simon 2010 den ersten CH-Dokfilm Wettbewerb des Migros Kulturprozents gewann. Der Film feierte am Visions du Réel 2013 in Nyon Premiere und wurde mit mehreren Festivalpreisen und dem Regiepreis des Kantons Bern ausgezeichnet.

Aus «Zugzwang» (CH, 2007)

Zur Zeit arbeitet Simon Baumann an einem Kinodokumentarfilm mit dem Arbeitstitel «Wir Erben». Darin geht es um seine Eltern, ihr Erbe und wie es ihn und seinen Bruder prägt. «Es ist keine Fortsetzung von ‘Zum Beispiel Suberg’» betont Simon, aber wieder ein persönlicher Film, aus seinem Leben gegriffen.

Andreas Pfiffner arbeitet vorwiegend als Kameramann oder Steadycam-Operator für unterschiedliche Projekte. Gemeinsam mit Simon dreht er gerade ein Künstlerporträt über Lang/Baumann aus Burgdorf.

Aus «Zugzwang» (CH, 2007)

 

Bei beiden sind die Sommerferien leider bereits vorbei. Andreas war im Wallis, Simon am Bodensee. Die zwei Familien mit Kleinkindern und somit viel Gepäck benutzten dieses Jahr das Auto. Ansonsten fahren sie aber sehr gerne Zug und nutzen ihn wann immer möglich für kurze und lange Strecken. «Das ist nie ein Zwang für uns» scherzt Simon Baumann und spielt damit auf den Filmtitel an.