Die Glaubwürdigkeit des Schweizer Asylsystems müsse gestärkt werden – schliesslich gehöre das Gewähren von Schutz für politisch verfolgte Personen zu den Grundpfeilern der humanitären Tradition der Schweiz, erklärte Bundesrätin Simonetta Sommaruga am 5. Asylsymposium in Bern. Durch lange und verschleppte Asylverfahren habe die Reputation des Schweizer Asylsystems in den letzten Jahren jedoch gelitten. Es sei deshalb im Interesse aller Betroffenen, dass Asylverfahren schnell durchgeführt werden.
In diesem Sinne bezeichnete Sommaruga die nationale Asylkonferenz vom 21.Januar als einen «Meilenstein»: Vertreterinnen und Vertreter von Bund, Kantonen und Gemeinden einigten sich auf die Rahmenbedingungen einer Neustrukturierung des Asylbereichs. Das dort erarbeitete Konzept sieht vor, dass in Zukunft 60 Prozent der Asylverfahren in Bundeszentren durchgeführt werden – und die Asylsuchenden nicht, wie es heute der Fall ist, auf die Kantone verteilt werden. Dies soll zu einer Beschleunigung der Verfahren führen, da sich alle am Asylverfahren beteiligten Personen (Rechtsvertreter, Übersetzerinnen, Asylsuchende, Mitarbeitende des Bundesamts für Migration) am gleichen Ort befinden.
Auch Mario Gattiker, Direktor des Bundesamts für Migration (BFM) betonte in seiner Rede am Mittwoch die Wichtigkeit von zeitlicher und räumlicher Nähe als Beschleunigungsfaktoren der Asylverfahren. Dennoch sei die Verfahrensdauer nicht immer beeinflussbar – es gebe asylimmanente Faktoren, die zu einer Verzögerung der Verfahren führen können. Beeinflussbar sind dagegen Strukturen, Ressourcen und auch das Verhalten der am Asylverfahren beteiligten Personen. Gegenwärtig leide das Bundesamt für Migration an Ressourcenengpässen, welche die Fokussierung auf «richtige» Flüchtlinge zu einer absoluten Notwendigkeit machten.
Eine stinkende Abfuhr
Gattikers Rede verlief nicht ohne Zwischenfall: Eine Gruppe von Aktivistinnen und Aktivisten deponierte eine Ladung Mist vor dem Redner, um ihm eine «stinkende Abfuhr» zu erteilen. In den geplanten Zentren, so die Befürchtung, reproduzierten sich Ungerechtigkeit und Repression. Die Idee, Asylverfahren auf maximal 140 Tage zu verkürzen, sei auch mit der geplanten Zentralisierung nicht zu realisieren.
Der Vorwurf der Aktivistinnen richtete sich an die am Asylsymposium beteiligten Gruppierungen: Durch ihre Bereitschaft zum Dialog mit der Bundesverwaltung, trügen das UNO-Hochkommissariat für Flüchtlinge (UNHCR), die Schweizerische Flüchtlingshilfe (SFH) und andere Menschenrechtsorganisationen zur Legitimierung einer «fremdenfeindlichen Lagerpolitik» bei.
Wege zu einer glaubwürdigen Asylpolitik
Das von der SFH und dem UNHCR organisierte Symposium fand unter dem Arbeitstitel «Wege zu einer glaubwürdigen Asylpolitik» statt. Rund 260 Fachpersonen suchten während Workshops, Podiumsdiskussionen und Vorträgen nach Möglichkeiten, das Schweizer Asylverfahren fair und effizient gestalten zu können.
In diesem Rahmen wurde auch die Rolle der Medien in der Asyldebatte thematisiert. Beat Meiner, Generalsekretär der SFH wies auf die grosse Bedeutung der Medienschaffenden hin: Mit ihrer Berichterstattung haben sie einen grossen Einfluss auf die öffentliche Wahrnehmung des Asylsystems. Diese Bedeutung wurde auch von Kurt Imhof, Soziologieprofessor an der Universität Zürich, thematisiert. Er betonte die Wichtigkeit einer erweiterten Perspektive: Um das in der Öffentlichkeit verzerrte Bild der Asylsuchenden relativieren zu können, müsse auch die Frage behandelt werden, warum sie ihr Land verlassen und in die Schweiz kommen. Die Weltsicht vieler Schweizer Bürger, so Imhof, sei jedoch zunehmend durch Gratiszeitungen dominiert, in denen sich Auslandsberichterstattung vorwiegend auf kleine oder grössere politische Skandale und Äffären konzentriert.
Susin Park, Leiterin des UNHCR Büros für die Schweiz und Liechtenstein machte darauf aufmerksam, dass Effizienz und Fairness in Asylverfahren nicht als Gegensätze aufgefasst werden sollten. Auch bei einer Beschleunigung der Asylverfahren sei der Rechtsschutz der Asylsuchenden von zentraler Bedeutung. In jedem Fall, so Park, sei es wünschenswert, dass die Diskussion über Probleme im Asylbereich eine sachliche bleibe und dass nicht in Vergessenheit gerate, dass hinter Zahlen und Statistiken Menschen stehen, die schutzbedürftig und verletzlich sind.