«Umbrüche» heisst das (bisher) letzte Buch von Katharina Zimmermann. Es wäre fast nicht erschienen, der Verleger winkte ab. Er hatte gerade andere Sorgen, wollte den Verlag verkaufen, glaubte nicht mehr an die Frau, die ihm jahrelang Bestseller schrieb. Aber Katharina Zimmermann lässt sich nicht so leicht abspeisen. Sie kämpfte für ihre Lebensgeschichte. Schliesslich sind «Umbrüche» so etwas wie ihr Lebensmotto. Sie hat sich ihnen immer wieder gestellt. Warum sollte dieses ehrliche Buch nicht mehr erscheinen? Es erschien dann auch, und – mehr noch – die Entstehungsgeschichte kann nun im Dokumentarfilm von Anne-Marie Haller und Tanja Trentmann im Kino mitverfolgt werden. («Das letzte Buch», im Kino Rex, danach in Meiringen, Murten, Worb und weiteren Kinos)
Es ist ein Film, der sich der Protagonistin und ihrer aufregenden Geschichte behutsam nähert. Die Filmerinnen lassen der alten Frau Zeit, damit sie ihre Lebensgeschichte erzählen kann. Und sie erzählt gut. Und ihre Geschichte ist mehr als bemerkenswert!
Der lange Weg
Eine junge Pfarrfrau, Lehrerin mit einem Musikstudium, folgt ihrem Mann, einem Theologen, aus dem beschaulichen Bern der Sechzigerjahre nach Indonesien. Dort lebt sie in einfachsten Verhältnissen, zieht neun Kinder gross (vier eigene und fünf Pflegekinder), lernt die Sprache der Einheimischen, erlebt den Putsch der Kommunisten, schreibt Rundbriefe für das Missionshaus, moderiert (auf Indonesisch!) Frauensendungen im Radio und fühlt sich irgendwann einmal im fremden Land als Einheimische. Aber die Menschen dort sehen in der Weissen immer noch die Touristin, die Ibu. All das erzählt Katharina Zimmermann bescheiden und unaufgeregt, oft fast selber erstaunt über ihr bewegtes Leben, das Ende der Siebzigerjahre wieder in Bern weitergeht. Hier beginnt sie – die Kinder sind unterdessen fast erwachsen – zu schreiben. Wieder ein Umbruch. Und auch diesmal muss sie sich die Zeit stehlen, glaubt erst nicht so ganz an sich, muss sich den Platz als Autorin erkämpfen. Und hat schliesslich Erfolg.
Dass sie unter dem Jungmädchencharme hartnäckig und zielbewusst sein kann, wird im Film in vielen kleinen Szenen sichtbar. Dass sie sich auch Schicksalsschlägen trotzig stellt, ebenfalls. Und auch, dass ihr das Älterwerden oft lästig ist, spürt das Publikum (sie kann nicht mehr in ihre zweite Heimat reisen, muss mit den Freunden dort über Skype kommunizieren). Aber dann blitzt auch wieder der Schalk aus ihren Augen, und die stille Freude, das Staunen, dass ihr ein selbstbestimmtes Leben gelungen ist. Damals, in einer Zeit, da dies für Frauen hier gar nicht selbstverständlich war.
Und wenn sie erzählt, wie in ihrem Haus im indonesischen Urwald ihre neun Kinder beim Abwasch jeweils zusammen gesungen haben und sie halt habe denken müssen «so könnte es doch sein auf dieser Welt», dann kommen nicht nur der Erzählerin die Tränen. Und man ist einfach froh, dass die Filmemacherinnen dieses Porträt realisiert hat. Und so ein wichtiges Zeitdokument geschaffen haben.