Herr Schildger, als Sie 1997 zum Direktor des Tierparks Bern ernannt wurden, vegetierten die Bären noch im Betongraben. 2009 durften sie in den grösseren Bärenpark Bern umziehen und in drei Jahren soll der Bärenpark Gantrisch eröffnet werden. Sieht so der kontinuierliche Fortschritt in Sachen Bärenhaltung aus?
Bernd Schildger: Ich gehe noch weiter zurück: Vor 500 Jahren war die Bärenhaltung in Bern ein Symbol der Macht. 1513 kehrten die Berner mit Bären aus der Schlacht von Novara heim, erbeutet vom französischen König durch Bartholomäus May. Wie ein Bild an der Wand im Museum wurden die Tiere zur Belustigung im Bärengraben präsentiert. Erst viel später gab es mit dem neu gebauten Bärenpark eine artgemässe Haltung, sozusagen als eine Art Bärenbefreiung. Jetzt kommt der nächste Schritt: Von der Tierhaltung zum Naturschutzprojekt.
Die stellvertretende Leiterin des alternativen Wolf- und Bärenparks im Schwarzwald sagt, dass Wildtiere in Gefangenschaft gar nicht artgerecht gehalten werden können. Was halten Sie davon?
Ich beschäftige mich seit 1976 mit Wildtieren. Ich wäre niemals so vermessen, solch eine Aussage über alle Wildtiere zu machen. Konsequenterweise müsste man den Park im Schwarzwald schliessen. Denn was legitimiert die stellvertretende Leiterin angesichts einer solchen Aussage, dort Bären zu halten?
Es gibt also eine artgerechte Haltung?
Das ist sehr wohl möglich. Nämlich, wenn man sich um die Bedürfnisse der Tiere kümmert, die sich aus deren Biologie ergeben, und sich nicht an der Philosophie des Menschen orientiert.
Sie sagen, dass es im Bärenpark Gantrisch eher keine Jungtiere geben wird. Verpassen Sie damit nicht eine Chance für den Tourismus?
Die Idee des Bärenparks Gantrisch basiert eben nicht auf grossen Quantitäten. Es ist kein Zahlenmaximierungsprojekt. Sondern darauf, dass Menschen dort mit Bären Natur erleben können. Das Areal ist so gross, dass man nicht einfach so nach Schwarzenburg fahren wird, um Bären zu sehen. Denn es ist relativ sicher, dass man sie eher nicht sieht. Am Schluss entscheidet dies der Bär. Es wird kein Museum mit Tieren, die freigegeben werden zur Konsumation. Insofern wird die touristische Wirkung nicht so gross sein wie beim Bärenpark in Bern. Der Park in Schwarzenburg richtet sich eher an jene, die sich wirklich für Natur interessieren und bereit sind, sich führen zu lassen, um mehr Informationen aufzunehmen.
Also ganz nach Ihrer Maxime «mehr Platz für weniger Tiere». Wie wird gewährleistet, dass dieser Naturschutzgedanke auch nach Ihrem Ausscheiden als Tierparkdirektor nicht verloren geht?
Ich werde am 31. Dezember dieses Jahres ja nicht sterben, sondern das Projekt mitbegleiten, bis eine echte Trägerschaft besteht. Überdies ist meine Nachfolgerin Friederike von Houwald als Tierparkdirektorin bereits involviert.
Ab 1. Januar sind Sie im Ruhestand. Können Sie sich vorstellen, als Pensionierter Führungen im Bärenpark Gantrisch anzubieten?
Natürlich. Ich wohne in Belp, insofern bin ich bereits am Rand des Naturparks Gantrisch angesiedelt und kenne die Region seit langer Zeit. Aber das wird sich alles ergeben. Das Schöne an der Pensionierung ist es, keinen Plan haben zu müssen.
Dieses Interview erschien ursprünglich im Berner Landboten.