Ein Platz für die Zukunft

von Yannic Schmezer 30. Juni 2020

Ab nächsten Donnerstag wird die Schützenmatte nach einer längeren Pause eine Woche durchgehend bespielt. Dabei sollen auch Ideen für die Zukunft des Platzes diskutiert werden.

Parkplatz oder Kulturort: Die Schützenmatte ist seit Jahren ein Politikum. Als 2018 der Verein PlatzKultur den Zuschlag für die dreijährige Zwischennutzung erhielt, schien die Zukunft des Platzes mittelfristig vorbestimmt. Doch im April zog sich PlatzKultur plötzlich vorzeitig zurück, weil Anwohner*innen des Altenbergquartiers mittels Einsprache das Baugesuch, welches für die Gewährleistung des ganzjährlichen Betriebs nötig war, blockierten. Just vor der Coronakrise hinterliess der Rückzug einen Leerraum. Dieser wurde vom Verein Medina, der sich um die gestrandeten Menschen kümmerte, zumindest teilweise gefüllt. Ansonsten lag der Platz in dieser Zeit aber brach. Vor kurzem kam dann die Kehrtwende: PlatzKultur soll sich jetzt doch wieder um die Schütz kümmern, so das Ergebnis eines Gesprächs zwischen dem Stadtpräsidenten, den Verantwortlichen von PlatzKultur und diversen Stadträt*innen.

Zukunftsmanifest und Rassismusdebatte

«Die Schütz ist ein zentraler Platz, der für die Leute da sein muss», sagt Helen Wegmüller von Medina. Sie ist Mitorganisatorin der «Schützkonzept»-Woche. Ab Donnerstag wird der Platz eine Woche lang bespielt – das erste Mal, seit dem Ausbruch der Corona-Pandemie. Die aktuelle, plastische Phase der Zukunftsfindung wollen die Beteiligten der Aktionswoche nutzen, um Visionen für den Platz zu diskutieren. Am Ende soll dabei sogar ein Zukunftsmanifest für die Schütz entstehen.

Doch nicht alles dreht sich in der nächsten Woche unmittelbar um die Zukunft der Schütz. «Es ist auch einfach das Bedürfnis da, sich den Raum zu nehmen und etwas zu machen», sagt Mardoché Kabengele. Kabengele gehört zum Berner Rassismus Stammtisch, der die Aktionswoche gemeinsam mit weiteren Gruppen organisiert. Der Berner Rassismus Stammtisch ist ein Anti-Rassismus-Kollektiv, das einmal monatlich zusammenfindet, um die neusten Entwicklungen im Bereich Rassismus und (Neo-)Kolonialismus zu besprechen. Den Begriff «Stammtisch» hat die Gruppe bewusst gewählt. Es gehe darum, sich den negativ konnotierten Begriff anzueignen und neu zu besetzen, so Kabengele. Gemeinsam mit dem Sozialanthropologen Rohit Jain wird Kabengele am Freitag eine «Arena der Vielen» moderieren. Die Idee: Nach dem Debakel in der SRF-Arena, will man der gesellschaftlichen Debatte um das Thema Rassismus eine neue Chance geben. Es soll im Gegensatz zur SRF-Arena aber auf der Prämisse aufgebaut werden, dass Rassismus in der Schweiz existiert und ein Problem darstellt.

Rassismusbetroffene sollen die Gelegenheit erhalten, ihre Erfahrungen zu teilen. «Ob alt oder jung, wir möchten, dass möglichst viele Stimmen gehört und möglichst viele verschiedene Facetten von Rassismus beleuchtet werden», erklärt Kabengele. Die Diskussion über die koloniale Vergangenheit der Schweiz, die Black Lives Matter-Bewegung und fremdenfeindliche Politik, wie zum Beispiel die Schwarzenbachinitiative, sollen die Debatte dann auch in einen grösseren Kontext stellen. Und auch bei der «Arena der Vielen» spielt der Bezug zur Schütz eine Rolle. «Nicht zuletzt wollen wir auch den Menschen zuhören, die sich auf der Schütz aufhalten und rassistische Erfahrungen machen», erklärt Kabengele. Das dürfte schlussendlich auch wieder ein Schlaglicht auf den Verein Medina werfen, der oft genau diese Menschen umsorgt.

Nutzung soll sich einfügen

Während der ganzen Woche wird eine Fotoausstellung über die Schütz gezeigt und es wird gemeinsam gekocht und gegessen. Der Verein PlatzKultur selbst wird bei der Aktionswoche nicht aktiv mitwirken. Am Montagabend seien aber alle Akteur*innen, also auch PlatzKultur, eingeladen, bei einem gemeinsamen Abendessen zusammenkommen und neue Ideen und Visionen für die Schütz diskutieren, sagt Helen Wegmüller von Medina. «Ich erhoffe mir für die Zukunft der Schütz eine inklusive Nutzung, die sich in den bestehenden Rahmen einfügt, also Rücksicht nimmt auf die Reitschule und die Drogenabgabestelle», ergänzt sie. Auf die Frage, ob sich Medina als fester Bestandteil dieser Zukunft sehe, antwortet Wegmüller: «Medina versteht sich als mobiles Gemeinschaftszentrum.» Aktuell bestehe ein Bedürfnis nach einem solchen Treffpunkt, wie lange das noch so sei, wisse man nicht. «Was schlussendlich mit der Schütz passiert, muss von den Menschen abhängig gemacht werden, die sich dort aufhalten». Es ginge nicht an, mit einem fertigen Konzept einzufallen. Dem stimmt auch Mardoché Kabengele zu: «Niemand soll von der Schütz verdrängt werden».