Vorweg eine Irritation: Am Donnerstag um 18 Uhr beginnt die Vernissage in der Stadtgalerie, einem Ort von KulturStadtBern (ehemals Kulturabteilung). Um 19 Uhr führt KulturStadtBern im Kornhausforum eine Diskussion über die künftige Kulturförderung. Eine bessere Planung wäre möglich gewesen. Dass um 20:45 Uhr dann der erste Barrage-Match Nordirland-Schweiz stattfindet, konnte man nicht wissen.
Das Kunstprozent
Kunstprojekte im öffentlichen Raum (KiöR) wurden in Bern lange durch die Bautätigkeit ausgelöst und im Rahmen der Baukredite finanziert. 1993 hatte der Gemeinderat das sogenannte «Kunstprozent» verfügt. Es schrieb vor, dass in die Baukredite für öffentliche Bauten und Anlagen ein Prozent der Bausumme für Kunst im öffentlichen Raum aufzunehmen ist.
Nach Problemen mit KiöR bei der Umgestaltung des Bahnhofplatzes (2007) und beim Tram Bern West (2006) und aufgrund parlamentarischer Vorstösse erliess der Stadtrat 2010 ein Reglement. Dieses wurde schon 2017 durch das heute gültige Reglement über die Spezialfinanzierung für KiöR ersetzt. Flankiert und vertieft wird das Reglement durch «strategische Grundsätze» (2012) und «Richtlinien» von 2016. KiöR ist der wohl am dichtesten reglementierte Bereich der städtischen Kulturförderung.
Sorgfalt ist wichtig
Dies erklärt sich aus drei Gründen: KiöR ist, wie der Name sagt, öffentlich – man wird mit der Kunst konfrontiert, kann ihr nicht entweichen. Es ist deshalb richtig, sie sorgfältig vorzubereiten. KiöR ist zweitens nicht billig. Mit Recht. Aber auch dies verlangt einen sorgsamen Umgang mit den Mitteln. Und drittens ist KiöR in der Regel auf eine lange Wirkung angelegt. Umso mehr Sensibilität ist im Umgang mit ihr gefordert.
Wie wird KiöR heute finanziert? Es gibt eine Spezialfinanzierung, einen Fonds. In diesen fliessen von den Baukrediten der Direktion TVS (Tiefbau, Verkehr und Stadtgrün) 1 % der Baukosten, höchstens 500’000 im Einzelfall. Hinzu kommt 1 % der wertvermehrenden Kosten der Bauvorhaben der anderen Direktionen. Der Fonds steht zur Verfügung für KiöR ohne Bezug zu bestimmten öffentlichen Bauten und Anlagen. Die Kommission ist frei, Kunstprojekte wo immer zu initiieren. Eine Ausnahme bilden Hochbauprojekte. Bei ihnen wird das Prozent üblicherweise «unmittelbar projektgebunden für Kunst und Bau» verwendet.
Verein BAKUB
Vor kurzem haben Architekt/innen und Künstler/innen den Verein BAKUB gegründet (Basis Kunst und Bau). Der Verein gestaltet jetzt in der Stadtgalerie im PROGR eine Ausstellung zum Thema. Das Zentrum bildet ein Stadtplan im Massstab 1:5’000, in dem die Kunst-und-Bau-Projekte der Stadt Bern der letzten Jahre eingezeichnet sind. Einzelne davon werden in ihrer Entstehung und Erscheinung umfangreich dokumentiert.
Herzstück der Ausstellung ist Walter Links Brunnenplastik von 1954 vor dem Schulhaus Bethlehemacker. Sie wird original zu sehen sein. Für Anschauung ist also gesorgt. Aber auch Gespräche mit Beteiligten vieler Herkünfte kommen nicht zu kurz.
Hingehen!
Hingehen, anschauen! In der reichhaltigen Broschüre zur Ausstellung schreibt Ronny Hardliz, Künstler und Gründungsmitglied des Vereins BAKUB: «So scheint Kunst und Bau eine suchende, eine forschende Kunst zu sein, nicht eine behauptende. Sie stellt dar und bietet oft eine Bühne zu Darstellen, um sich darzustellen. (…) Kunst und Bau ist ein Ort gesellschaftlicher Begegnung».