Ein Kultlokal muss schliessen

von Lucy Schön 27. Mai 2024

Gastronomie Letzter Biss: Das Yummy an der Tram-Haltestelle Brunnmatt, bekannt für irakische Spezialitäten, muss nach sechs Jahren schliessen. Grund ist ein ungelöster Streit mit der Verwaltung über die Lüftungsanlage.

Eigentlich sollte dieser Bericht eine weitere Episode der Kolumne «Gschmack & Gschichte» werden. Dieses Mal im Fokus: Yummy, eine kleine, dunkelblaue Imbiss-Bude, eingebettet zwischen Coop und Denner an der Tram-Haltestelle Brunnmatt im Mattenhof-Quartier. Das Take-Away Restaurant ist jeweils von Montag bis Freitag am Mittag geöffnet und wurde nach seiner Eröffnung vor sechs Jahren schnell zum Geheimtipp, mittlerweile geniesst es Kultstatus. Das beweisen jeweils die langen Schlangen von Menschen zur Mittagszeit, welche die Spezialitäten der irakischen Küche geniessen möchten – selbstgemachte Falafel, Shawarma und Shish Taouk. Und Makali: Fladenbrot gefüllt mit Sesamsauce, gerösteten Aubergine und Blumenkohl sowie eingelegtem Gemüse. Der pure Genuss. Von diesen Spezialitäten sollte auch die Journal B-Community erfahren. Doch der Plan wahrte nicht lange.

Auf Ende Monat muss das Yummy schliessen. Dies nach langem hin und her zwischen dem Ehepaar Yassen und Sahera Al Robayi, der Immobilien-Verwaltung Wotreva AG und dem Bauinspektorat der Stadt Bern. Yassen und Sahera erzählen nach dem Mittag von ihren anstrengenden vergangenen Monaten: Vor einem Jahr sei das Bauinspektorat Bern vorbeigekommen und hätte sie nach ihrem Grill-Verhalten ausgefragt. «Ich erklärte, dass wir natürlich eine Erlaubnis von unserer Verwaltung haben», so Yassen. Daraufhin erhielt das Yummy einen Brief ihrer Vewaltung, der Wotreva AG. Der Brief informierte die Imbiss-Betreiber*innen über eine Reklamation der Stadt. Stein des Anstosses war die Lüftung im Take-Away-Restaurant. Diese müsse erneuert werden, ansonsten drohe die Schliessung, so der Brief.

Das Yummy an der Tram-Haltestelle Brunnmatt lockt am Mittag viele Fans an. Damit ist nun Schluss (Foto: David Fürst).

Bereit, die Hälfte zu bezahlen

Die Verwaltung Wotreva AG habe daraufhin sehr nett reagiert und ihnen zugesichert, dass sie ihnen helfen, so das Ehepaar. Yassen Al Robayi: «Wir wussten bis dahin nichts von einem Kochverbot. Die Wotreva sagte sofort: Wir schauen, dass alles gut kommt.» Eine Firma kam vorbei, um sich die Lüftung anzuschauen und machte einen Kostenvorschlag. Eine neue Lüftung würde zwischen 60‘000 und 80‘000 Franken kosten, lautete das Fazit. Auch das Ehepaar schaute sich nach einer neuen Lüftung um und bekam schliesslich eine Offerte für 40‘000 Franken. Yassen und Sahera Al Robayi waren auf der Suche nach einer Möglichkeit, die Hälfte der Neuinstallation selber zu bezahlen. Doch dann kam alles anders als gedacht.

Der Falafel ist hausgemacht, die Sesam-Sauce ebenfalls (Foto: David Fürst).

Die Abklärungen für die neue Lüftung dauerte mehrere Monate. Yassen Al Robayi erzählt, dass intern die Zuständigkeit bei der Wotreva AG von Herrn Ralph Brenzikofer zu Janique Maeder wechselte. Letzterer kam vor drei Monaten zur Mittagszeit mit einer Kündigung ins Yummy. «Für uns war es ein Schock», so der Betreiber. An dem Tag seien sehr viele Kunden dagewesen. «Ich wusste nichts von einer Kündigung, es kam sehr unerwartet. Er sagte zu mir: Jetzt sofort unterschreiben.» Nochmals wird hin und her kommuniziert und es wird versprochen, dass doch geschaut wird. Doch vor zwei Wochen kam ein Anruf von Herrn Maeder, der auch zur Geschäftsleitung der Wotreva gehört. Die Botschaft war klar: Das Yummy muss definitiv raus.

Die Wotreva hüllt sich in Schweigen

Yassen und Sahera Al Robayi sind erschüttert und fühlen sich hilflos. «Seit über 10 Jahren wird an diesem Ort jeweils am Mittag von uns den vorherigen Betreibern, grilliert, und wir hatten nie Probleme.» Einige Kund*innen, darunter auch Anwält*innen, hätten sich für das Yummy bereits eingesetzt und bei der Wotreva angerufen – vergebens. Der Immobilien-Dienstleister schweigt. Auf Anfrage von Journal B antwortet Janique Maeder: Wir bitten Sie in Ihrem allfälligen Bericht zu schreiben: Von Seite der Verwaltung hat niemand Stellung genommen.

Kleine Geschäfte gehen kaputt, wenn so mit ihnen umgegangen wird.

Das Bauinspektorat hingegen hat sich für die Anfrage von Journal B Zeit genommen und schreibt, dass der Container im Jahr 2009 «nur» als Kiosk bewilligt wurde: «In der Bewilligung wurde festgehalten, dass trotz Aktivkohlefilter im Container keine warmen Speisen zubereitet und abgegeben werden dürfen. Aufgrund der ungenügenden Abluftführung wurde ein ausdrückliches Kochverbot verfügt.» Bereits 2020 sei das Bauinspektorat durch eine Geruchsklage auf die unbewilligte Umnutzung in einen Take-Away und das Kochverbot aufmerksam geworden. Vor drei Jahren sei deshalb ein Baugesuch für eine Lüftung eingereicht worden und bewilligt worden, das Projekt wurde 2023 aber wegen hoher Kosten aufgegeben. Daraufhin forderte das Bauinspektorat die Einstellung der Kochtätigkeit oder die Abgabe von kalten Speisen. «Am aktuellen Standort ist eine korrekte Abluftführung unabdingbar», schreibt das Bauinspektorat in seiner Antwort.

Ein Grosshändler als Nachfolge?

Dies sei aber keine Option für das Yummy gewesen. Die Wotreva AG ersuchte dann darum, alternative Lüftungen (Aktivkohlefilter) erneut zu prüfen. In der Hoffnung auf eine gute Lösung für die Betreiber*innen habe das Inspektorat dem Vorgehen zugestimmt und dem dafür zuständigen Amt für Umweltschutz die Vorschläge vorgelegt. Dieses erachtete diese Lösung, wie schon 2009, als ungenügend. «Leider hat sich schlussendlich die Eigentümerschaft aus Kostengründen definitiv gegen den Einbau einer Lüftung entschieden. Somit bleibt nur die Anpassung des Betriebskonzepts – Verzicht auf die Produktion von warmen Speisen». Der Entscheid, das Geschäft nicht weiter zu betreiben, sei dann durch die Betreiber des Yummys gefällt worden.

Die Lüftung des Yummys ist laut Bauinspektorat ungenügend (Foto: David Fürst).

«Wir können nicht auf einmal nur kalte Speisen verkaufen, wenn wir für unsere warmes Essen bekannt sind», sagen Yassen und Sahera Al Robayi, die nun auf der Suche nach einem neuen Ort sind. Sie fühlen sich von ihrer Verwaltung im Stich gelassen. «So kleine Geschäfte gehen kaputt, wenn so mit ihnen umgegangen wird», sagt Yassen. «Für uns ist es nicht nur wegen der Arbeit traurig, sondern auch weil unsere Kunden unsere Freunde sind. Sie tun uns richtig gut.»

Yassen und Sahera Al Robayi sind auf der Suche nach einem neuen Ort für ihr Take Away (Foto: David Fürst).

Dem Vernehmen nach hat der Grosshändler gegenüber des Yummys bereits seit längerer Zeit ein Auge auf den Standort geworfen. Ob diese Information stimmt, dazu wollte die Verwaltung, wie zu allen weiteren Fragen dieser Redaktion, keine Stellung nehmen. So bekommen wir auch keine Informationen darüber, wie es möglich ist, dass das Kochverbot bereits von den Vorgänger*innen jahrelang missachtet wurde, ohne dass die Behörden darauf aufmerksam wurde. Oder warum die aktuellen Betreiber*innen nun alleine für dieses Versäumnis geradestehen müssen.