Ein Jahr der Superlative

von Christoph Reichenau 6. Februar 2020

Sechs Auszeichnungen, im Zentrum der renommierte Museumspreis des Europarates, nochmals 10 Prozent mehr Besuchende als im Rekordjahr 2018, aussergewöhnliche Ausstellungen und eine digitale Strategie – 2019 war für das Berner Museum für Kommunikation (MfK) erfolgreich und denkwürdig.

Der Erfolg des Mfk im letzten Jahr kam nicht aus dem Nichts. Seit der Neugestaltung der Dauerausstellung 2017 stieg die Besucherzahl, die 1999 noch bei 36’000 lag, deutlich an. 2018 wurden mehr als 100’000 Menschen gezählt, 2019 noch einmal 11’000 mehr (115’664). Es waren Alte und Junge, Personen aus der Romandie und aus der Deutschschweiz, Einzelne und Familien.

«Sounds of silence»

Sie besuchten die permanente Ausstellung, die entgegen dem Namen, immer wieder um ein Thema oder ein Objekt ergänzt wird. «Dynamisches Kuratieren» nennt dies Direktorin Jacqueline Strauss. Ein Beispiel: Um das neue Phänomen des «Influencing» zu veranschaulichen, stellte die Westschweizerin Xenia Tchoumi, der in den sozialen Medien 5 Millionen Leute folgen, einen pinkfarbenen High Heel zur Verfügung.

Auf grosses Interesse stiessen auch die Wechselausstellungen. Mit der selbst entwickelten Installation über Stille («Sounds of silence») wurde Kommunikation unter einem besonderen Aspekt aufgenommen und in eine Klanglandschaft eingebettet. Sie heimste gleich fünf internationale Preise ein, einmal für die gesamte Ausstellung, aber auch etwa für das Plakat dazu. Noch bis in den Sommer zu sehen ist «Schweinehunde und Spielverderber» zu Hemmungen, deren Schattenseiten und Vorzüge seit Mani Matters Lied Kulturgut sind.

Digitalstrategie

2019 befasste sich das Team des MfK einlässlich mit der digitalen Entwicklung. Es entwickelte eine Strategie, die alle Aufgaben und Bereiche des Museums umfasst. Nützlich war, dass zur Museumsstiftung auch das Unternehmensarchiv der ehemaligen PTT gehört, das – wie Archive allgemein – in Fragen der Digitalisierung voraus ist.

Das MfK hat drei Ambitionen: digital präsent zu sein, die Teilhabe aller an seinen Aktivitäten zu fördern, als kulturelles Gedächtnis zu wirken. Als Folge des letzten Punkts ist die Ausstellung «Sounds of silence» so archiviert, dass sie virtuell nacherlebt werden kann.

Für Jacqueline Strauss birgt die Umsetzung der Digitalstrategie kein besonderes Risiko – ein Risiko wäre es, sich nicht intensiv mit dieser Entwicklung zu befassen, der wir technisch und sozial ohnehin ausgesetzt seien. Gerade als Kulturinstitution könne man sich dem Thema nicht verschliessen. Wichtig sei, eine Balance zwischen dem Analogen und dem Digitalen zu finden und stets neu zu justieren – bis zur Vision eines Museums ohne Schliesszeiten.

2020

Ab April ist die Videoinstallation «Death and Birth» von Mats Staub zu sehen. Menschen aus der ganzen Welt reden darin über ihre Erfahrungen mit dem Anfang und dem Ende des Lebens.

Im November befasst sich die nächste Wechselausstellung mit den neuen Möglichkeiten der Biotechnologie, der künstlichen Intelligenz und der Digitalisierung zur Selbstoptimierung der Menschen und der umfassenden «sanften» Verbesserung der Gesellschaft. «Super – Die zweite Schöpfung» verbindet statische Elemente mit Theaterszenen.

Finanziell und aufwandmässig ein gewaltiges Vorhaben ist die über mehrere Jahre geplante Digitalisierung der 500’000 Aufnahmen umfassenden Fotosammlung des Museums, dank der die Bilder online zugänglich gemacht und vor dem Zerfall bewahrt werden sollen.

Im Projekt «Museumsquartier Kirchenfeld», in dem derzeit zahlreiche Gruppen aus allen Institutionen konkrete Fragen bearbeiten, sieht Jacqueline Strauss eine Chance für das MfK, mit den anderen und Bern Welcome die Mittel zu bündeln, um noch sichtbarer zu werden. Wichtig für das MfK ist der vorgesehene Aussenraum, der als Garten die Häuser verbinden und dem Publikum wie dem Quartier direkten Anschluss an das Museum ermöglichen soll.