Ein Forum, das den Namen verdient

von Christoph Reichenau 28. August 2019

In aufgeräumter Stimmung zog das 3. Berner Kulturforum Bilanz über das mit der städtischen Strategie Erreichte, wies auf Unerfülltes hin und diskutierte über die Massnahmen der Kulturförderung 2021-2024. Fazit: Die Stadt bewegt sich, aber kommuniziert noch zu wenig.

Es war eine Punktlandung: Nach dreieinhalb Stunden Information, Gruppendiskussionen in fünf Staffeln und einer knappen Zusammenfassung schloss Franziska Burkhardt am Montag um 19 Uhr im PROGR das dritte Berner Kulturforum und lud zum Apéro.

Vielfalt der Teilnehmenden

Das Forum war gut besucht. Die Kulturszene war querbeet vertreten: Vom Stiftungsrat und der Geschäftsleitung von Konzert Theater Bern bis zur selbständigen Buchhändlerin, von der Literaturagentin zum Tänzer, vom Vermittlungsprojekt zur Förderkommission, vom Kino Rex bis zur Kunsthalle. Alle wollten hören, wo die Umsetzung der städtischen Kulturstrategie 2017-2028 steht, kritische Anmerkungen machen und Vorschläge einbringen sowie Massnahmen für die Periode 2021-2024 debattieren. Für die Diskussionen in kleineren und grösseren Gruppen standen zwei Stunden zur Verfügung, während derer das Wort den Kulturschaffenden gehörte.

Gute Rahmenbedingungen

Man war locker, offen, aufgeräumt, gesprächsbereit und ganz Ohr. Man fühlte sich gemeint und ernst genommen. Im Verhältnis zwischen den Kulturschaffenden und der Stadt – dem Gemeinderat und der Verwaltung – wird ein neues Kapitel aufgeschlagen oder auch das Rad zurückgedreht. Es zeigt sich, dass der gemeinsame Weg, der 2016 zur Erarbeitung der Kulturstrategie eingeschlagen worden ist, nicht nur zu einem nützlichen Plan geführt, sondern auch ein fruchtbares Klima bewirkt hat. Selbst der Stadtpräsident, skeptisch gegenüber einer Förderstrategie, da Kultur sich nicht planen lasse, ist nun überzeugt davon, dass sich die Rahmenbedingungen systematisch verbessern lassen, innerhalb derer sich die Künstlerinnen und Künstler frei entfalten können.

Zur Sprache bringen

Eine wichtige Feststellung am Kulturforum: Die Stadt bewegt sich, doch die Meisten wissen das nicht. Ob aus Bescheidenheit, ob aus Nachlässigkeit, von der Umsetzung des Satzes «Tue Gutes und sprich darüber» ist man weit entfernt. Hier gilt es ab sofort anzusetzen mit Merkblättern und auf den Websites.

Beispiele: Die 3×3 Meter umfassenden freien Flächen, auf denen ohne Bewilligung Kunst dargeboten werden kann (auf dem Kornhaus- und dem Schmiedeplatz sowie an weiteren Orten) kennt kaum jemand. Dass die Stadt unter Bruch mit allen bisherigen Grundsätzen das Aareufer bespielen lässt, wird zu wenig wahrgenommen. Ebenso unbekannt ist die Existenz einer Informationsbörse für Zwischennutzungen. Im Kampf mit dem Kanton um mehr eigene Kompetenz zur Bewilligung von Kulturanlässen einschliesslich Gastronomie benötigt und verdient die Stadt (im Verbund mit weiteren Gemeinden) die Unterstützung der Kulturschaffenden.

Zu erfahren war, dass eine neue Kommission die Jugendkultur als wichtigen Impuls gesellschaftlicher Entwicklung und eigenständiges Schaffen fördert und der Finanzierungstopf «Stadtstutz» sehr gefragt ist. Die Verfügung über Schulraum für Kultur ist noch eingeschränkt wegen der begrenzten Einsatzzeiten der Hausdienste. Der wichtige Ansatz, Kulturschaffenden eine zweite Säule sozialer Sicherheit aufbauen zu helfen, benötigt weitere Diskussionen. Sehr positiv – und schweizweit einzigartig – ist die neue Möglichkeit, für Kulturprojekte von Menschen mit Behinderungen die dadurch entstehenden Mehrkosten im Sinne eines Nachteilsausgleichs zusätzlich zu übernehmen.

Es geht weiter

Für alle, die nicht zu Wort kamen, öffnet die Stadtverwaltung an den Nachmittagen des 16. Septembers und des 16. Oktobers die Türen. Anschliessend wird aus allen Anregungen, Vorschlägen, Kritiken und lobenden Rückmeldungen ein Fazit gezogen und der Ziel- und Massnahmenplan entworfen. Er wird am 4. Kulturforum vom 17. Februar 2020 diskutiert werden.

Eindruck

Die Umsetzung und laufende Weiterentwicklung und Verfeinerung der Kulturstrategie 2017-2028 scheint auf gutem Weg: Die Betroffenen beteiligen sich, die Auseinandersetzungen sind offen und fair, zwischen Stadtverwaltung und Kulturszene herrscht ein konstruktives Klima. Dies alles ist auch ein Teil der städtischen Kultur. Ein positiver.