Wenn der Name schon nach einem MC aus den USA der frühen Neunzigerjahre klingt, ist es nur folgerichtig, dass auch sein Sound so daherkommt. Sein Debut-Album «Was» wartet auf mit Boom-Bap-Beats von Jurica Marijic und Cuts (sich wiederholende Ausschnitte aus anderen Musikstücken oder Tonaufnahmen) von Chaostruppemitglied DJ Rapaze. «Was» ist also Oldschool-Hip-Hop pur.
Dass das nicht von ungefähr kommt, wird den Hörer*innen spätestens auf dem Track «Lady Rose» klar. Darin erklärt Easy Ismael seine Liebe zu Popkultur aus vergangenen Tagen: «Alti Liebi rostet schwach sägemer scho e chli.» Der Text ist gespickt von Anspielungen auf alte Bond-Filme, Schauspieler wie Gert Fröbe, Marlon Brando oder George Lazenby. Aber eben auch Rapper aus den Neunzigerjahren, namentlich der Wu-Tang Clan und Nas.
Gerade zu Beginn des Albums wirkt der Rap von Easy Ismael denn auch etwas verstaubt und erinnert an die frühen Zeiten des Mundartraps. Der Flow kommt etwas gar hölzern und mancher Reim kommt zu simpel oder sehr dahingezweckt daher.
Dass es Ismael eben doch easy fällt, lyrisches Können, Raptechnik und Inhalt zu verbinden, kommt in der zweiten Hälfte des Albums viel öfters zur Geltung
Sein lyrisches Können stellt Easy Ismael erstmals auf «Wien Ameise» unter Beweis. Ganz ohne Hook ist der Track eine einzige Ansammlung von Punchlines, die sich grob um das Thema Ortschaften und Reisen drehen. Zweckreime findet man auch hier noch einige, doch das stört viel weniger, denn musikalisch und flowtechnisch macht «Wien Ameise» einfach Spass beim Zuhören. Das liegt auch daran, dass der Text viel verdichteter und die Reime komplexer wirken als in der unmittelbaren Umgebung auf dem Album: «Verbinde di Sätz im Text zunere Seilschaft / Wo steil gaht am Eiger wiene Steilpass / Nordwand duruf ga reime isch so eifach.» Man merkt: Da hatte einer Spass beim Schreiben.
Von pseudolinken Kunststudis
Dass es Ismael eben doch easy fällt, lyrisches Können, Raptechnik und Inhalt zu verbinden, kommt in der zweiten Hälfte des Albums viel öfters zur Geltung. Ein echtes Highlight ist etwa «Kunsthalle Bar», eine schonungslose Abrechnung mit pseudo-linksalternativen Kunst-Boys aus gutem Hause.
Neben kreativen Beleidigungen (Zubi-HKB-Studi) bringt Easy Ismael die Haltung dieser Kohorte treffend und bissig auf den Punkt. Exemplarisch dafür sind beispielsweise die Lines «De Staat isch gemein und mich verstaht e keine» und «Blöd nei was wie cha eim das i Sinn cho / Scho lieber so unnahbare artsy Lingo».
Denn ‹Was› ist nicht nur eine Hommage an Old-School-Hip-Hop, es ist vor allem eine Hommage an Easy Ismaels Wahlheimat, die Stadt Bern.
Das Thema der linken Wohlstandkinder, die dann eben doch nur in der Theorie links sind, greift Easy Ismael auf dem Track «Vegi Spez» übrigens erneut auf: «So alternativ gsehnd ke Alternative / Als ihres Da-Sii mit anderne z vergliche / Alles Asi-Chind vo so asi Alt-Riiche.»
Hommage an die Wahlheimat
Das Debut-Album «Was» bietet zum Ende hin auch noch ein Stück Innovation. Mit «1001 Nacht» interpretiert Easy Ismael ein klassisches Rap-Format auf seine ganz eigene Art und Weise. Was wie ein gewöhnlicher Storyteller beginnt, wendet sich bald von einer rein linearen und nachvollziehbar beschreibenden Erzählung hin zu einem assoziativ-aneinanderreihenden Stil. Wie in einem Arthousefilm folgen Szenen aus dem Alltag aufeinander. Mal verbunden durch einen Schwenk oder eine Kamerafahrt, mal durch einen harten Schnitt.
Die tristen bis düsteren Bilder stehen neben Referenzen auf bekannte Märchen-Sammlungen (1001 Nacht und Gebrüder Grimm) und geben dem Wort märchenhaft so eine andere, dunklere Bedeutung: «Bluet fliesst de Bach dürab alles so märlihaft.»
Easy Ismael hat mit ‹Was› ein Album geschaffen, das definitiv Teil der Berner Rap-Geschichte werden wird.
Doch was hält dieses Album nun zusammen? Was macht es zu mehr als einer Ansammlung von Tracks? Wer genau hinhört, erkennt einen roten Faden, der sich durch das Album zieht. Denn «Was» ist nicht nur eine Hommage an Old-School-Hip-Hop, es ist vor allem eine Hommage an Easy Ismaels Wahlheimat, die Stadt Bern.
Der gebürtige Obwaldner lebt bereits seit zehn Jahren in Bern. Dass er hier angekommen ist und sich auskennt, zeigt sich nicht nur in seiner treffenden Szene-Kritik. In (fast) all seinen Texten auf dem Album hat er Verweise auf unterschiedliche Orte in Bern und Umgebung versteckt: Kino ABC, Prozess-Bar (passenderweise auf dem Track «Kafka» zu finden), Worblaufen, Elfenau, Liebefeld, SOSO Space, O bolles und Bachmätteli, um nur einige zu nennen.
Easy Ismael hat mit «Was» ein Album geschaffen, das definitiv Teil der Berner Rap-Geschichte werden wird. Und sich selber einen Platz in der hiesigen Rap-Szene erarbeitet.