«Drunter, Drüber und Daneben»

von Annina Häusli 17. April 2013

Bei angenehmen vierzehn Grad und Sonnenschein lässt es sich gut Bogenschiessen. Doch Bogenschiessen ist nicht gleich Bogenschiessen. Heiner Widmer, der Präsident des Bogenschützenvereins Bern erklärt die Unterschiede.

«Grundsätzlich gibt es drei Arten von Bogen. Der Longbow ist der klassische Bogen, wie er im Mittelalter oder von den Indianern benutzt wurde. Dann gibt es den Recurve-Bow, der ohne Visier als Jagdbogen und mit Visier und technischem Zubehör an Olympia geschossen wird. Mithilfe von Visier, Stabilisatoren wird dem Schützen geholfen, Fehler zu verringern. Ausserdem besteht er meist aus Alu, Glasfaser oder Carbon. Der dritte und letzte Bogen ist der sogenannte Compound-Bow, welcher noch technischer als der Recurve-Bow ist», erklärt Heiner Widmer, der Präsident des Bogenschützenvereins Bern.

«Einmal die Mitte zu treffen schafft man bald noch einmal, das aber das dann auch mehrmals zu wiederholen ist etwas anderes»

Heiner Widmer, der Präsident des Bogenschützenvereins Bern

Im Bogenschützenverein Bern wurde ursprünglich überwiegend mit dem olympischen Bogen geschossen. Das Instinktiv-Schiessen mit Longbow und dem Bowhunter (Recurve-Jagdbogen) wurde in den letzten Jahren aber immer beliebter. Bogenschiessen ist eine sehr technische Sportart, erklärt Widmer: «Einmal die Mitte zu treffen schafft man bald noch einmal, das aber das dann auch mehrmals zu wiederholen ist etwas anderes.

Bis jemand das notwendige Körpergefühl und die zugehörige Kraft besitzt, und damit die nötige Technik beherrscht um auf 70 Meter sicher zu treffen, dauert es bis zu zwei Jahren und bedeutet regelmässiges Training.» Dies sei vielleicht auch ein Grund, warum Bogenschiessen in der Schweiz zu den Randsportarten gehört. Neben der richtigen Technik benötigt ein Schütze auch ein gutes Körpergefühl, Körperbeherrschung und ein Mindestmass an Kraft, um den Bogen auch spannen zu können.

Unterschiede zwischen Frauen und Männer gibt es, allerdings sind diese nicht so gross wie in manch anderen Sportarten. «Eigentlich unterscheiden sich Frauen und Männer nur in der Stärke der Bögen, also wie viel Gewicht man ziehen muss, bis der Bogen gespannt ist, und in der Länge der Bögen. Frauen haben in der Regel kürzere Bögen, da diese von der Grösse, Armlänge und Kraft des Schützen abhängt», meint Widmer. Aber auch Frauen müssen schliesslich die 70 Meter schaffen, wenn sie an der Olympiade teilnehmen wollen, denn da schiessen beide Geschlechter über dieselbe Distanz.

Trainieren für Olympia

Ein Schütze im Verein hat denn auch Olympia-Ambitionen. Thomas Rufer, mehrfacher Schweizermeister im Recurve-Bow über 70 Meter, trainiert bereits fleissig für Olympia 2016 in Rio de Janeiro. Die Chancen, dass er dann auch tatsächlich nach Rio gehen kann, schätzt er «realistisch so um die zehn bis zwölf Prozent» ein. Zuerst muss er oder andere Schützen einen Quotenplatz an internationalen Turnieren erobern.

«Die Chancen, nach Rio gehen zu können, stehen realistisch so um die zehn bis zwölf Prozent»

Thomas Rufer, mehrfacher Schweizermeister im Recurve-Bow

Doch selbst wenn er einen Platz erobert, heisst das leider noch nicht, dass er dann auch selbst gehen kann. «Der Bogenschützenverband der Schweiz entscheidet dann jeweils, welcher Schütze nach Olympia reisen darf. Bei der letzten Olympiade zum Beispiel hat eine Schützin einen Platz erobert, durfte dann aber nicht nach London.» Um sein Ziel zu erreichen, wird er sich ab dem Sommer nur noch auf das Bogenschiessen konzentrieren und vorübergehend mit der Arbeit aufhören.

Der Bogenschützenverein Bern, der 1950 gegründet wurde zählt gut fünfzig Mitglieder und hat schon mehrere Schweizermeister in verschiedenen Disziplinen hervorgebracht. International gesehen zählt die Schweiz noch nicht zu den Besten, doch es gibt gute Ansätze. Zu Beginn dieses Jahres gewann die Schützin Céline Schobinger ein internationales Turnier gegen eine mehrfache Weltmeisterin.

Obwohl nur der Recurve-Bow über 70 Meter olympisch ist, gibt es daneben noch andere Distanzen und Disziplinen. Neben den 70 Metern gibt es auch Schiessen über 90, 60, 50, 40, 30 und 18 Meter, letzteres wird nur in der Halle geschossen. Daneben gibt es das Feld- und das 3D-Schiessen. Beim 3D-Schiessen wird auf Tierattrappen geschossen. «Drunter, Drüber und Daneben, das sind die 3 D’s», erklärt Rufer augenzwinkernd. Beim 3D-Turnieren sind die Jagdbögen (Longbow oder Bowhunter) im Vordergrund.