Jeden Montagabend, wenn das Restaurant «Im Quadrat» an der Bernstrasse in Zollikofen den Tagesbetrieb eingestellt hat, öffnet dort das «CAFÉ MONDIAL» seine Pforten. Ab achtzehn Uhr treffen sich in dem Treffpunkt Interessierte zu einer warmen Suppe, später wird gespielt, musiziert, erzählt, gelauscht; je nachdem, was der aktuelle Abend gerade hervorbringt. Eine der Organisatorinnen ist Susanna Haller, die sich bereits seit vielen Jahren in der Gemeinde Zollikofen engagiert. Begonnen hat alles mit der 2004 vom Hausarzt Michel Deppeler ins Leben gerufenen regionalen Initiative «dialog-gesundheit Forum». «In dem Forum steht der Mensch im Zentrum, wir fokussieren uns etwa auf wichtige soziale Faktoren der Gesundheit», sagt Susanna Haller, die sowohl das Forum als auch das CAFÉ MONDIAL mitorganisiert. Als vor drei Jahren in diesem Forum das Thema «Sicherheit» auf der Agenda stand, zeigte sich, dass viele der meist älteren Teilnehmenden Angst haben, abends fortzugehen. Dadurch sei die Idee entstanden, einmal wöchentlich einen Spieleabend in einem Restaurant zu veranstalten, erklärt Susanna Haller: «Wir nannten das Projekt ‚SpielCHISCHTE‘. Ab 2016 führten wir dieses in dem Restaurant ‚Im Quadrat‘ in Zollikofen durch. Gleichzeitig wollten wir es damit kombinieren, einen Suppenstammtisch anzubieten. So entstand das heutige Format des CAFÉ MONDIAL.»
Am wichtigsten ist der Dialog
In der Gemeinde Zollikofen gibt es zwei kantonale Asylunterkünfte, die zweite wurde vor zwei Jahren eröffnet. Sie werden im Auftrag der öffentlichen Hand von der Flüchtlingshilfe der Heilsarmee betrieben. Durch diese neue Zusammensetzung der Zollikofener Bevölkerung wurden migrantische Fragestellungen auch ein Thema im CAFÉ MONDIAL. «Wir wollen einen Austausch ermöglichen. Bei uns dürfen alle herkommen und anfragen, ob sie ihre Idee verwirklichen dürfen. Sei es Musik machen oder Essen aus der Heimat kochen», betont Susanna Haller. Zwar habe jeder Abend im Monat ein Oberthema, doch vorgeschrieben sei nichts: «Am wichtigsten ist der Dialog, füreinander da zu sein und zuzuhören.» Da sich viele Teilnehmende die Suppe nicht leisten könnten, verwendet das CAFÉ MONDIAL das Prinzip des aus Neapel stammenden Caffè sospeso. Wer kann, zahlt mehr und finanziert damit eine Suppe für eine andere Person.
Netzwerkdenken zentral
Unterstützt wurde das CAFÉ MONDIAL, das aus privatwirtschaftlichem und zivilgesellschaftlichem freiwilligem Engagement heraus entstand, im Programm 2016/17 auch von contakt-citoyenneté, einem gemeinsamen Förderprogramm der Eidgenössischen Migrationskommission und dem Migros-Kulturprozent. Neu wurde ein weiteres Pilot-Projekt «LÄNDER + KULTUREN – Erzähl mir DEINE Geschichte» für 2018/19 ausgewählt und prämiert. Die Unterstützung sei einerseits finanzieller Natur, allerdings werde das Projekt auch begleitet und in der Öffentlichkeitsarbeit beraten. «Das Netzwerkdenken ist für mich in meiner Arbeit zentral», sagt Susanna Haller, ganz im Sinne des partnerschaftlichen Ansatzes von gelebter Sozialer Innovation. Man glaubt es ihr aufs Wort: Ohne gross zu zögern, vermag sie Ansprechpersonen in verschiedensten Organisationen aufzuzählen, genauso mühelos wie sie alle Daten der Geschichte von dialog-gesundheit Forum und CAFÉ MONDIAL kennt. So nimmt sie etwa am Runden Tisch der Caritas zu Alter und Migration teil, als nächstes würde sie gerne das Schweizerische Rote Kreuz einladen, damit es in Zollikofen über die Angebote informieren kann.
Das soziale Denken gehörte dazu
Trotz der erwähnten Unterstützung kann das CAFÉ MONDIAL nur dank dem Engagement vieler Freiwilliger stattfinden, Susanna Haller ist eine von ihnen und meint: «Ein wichtiges Thema, das uns konstant beschäftigt, ist die Suche nach Finanzierungsmöglichkeiten. Auch in der Öffentlichkeitsarbeit wollen wir aktiver werden.» Bleibt die Frage woher Susanna Haller, mittlerweile im Pensionsalter, die Kraft nimmt, sich auf derart vielen Ebenen für die Region Zollikofen und ihre BewohnerInnen zu engagieren. «Ich komme aus einer Familie, in der soziales Denken ganz normal war und schon immer dazugehörte», blickt sie zurück. Als sie noch ein kleines Kind war, habe ihre Familie einen Jungen aus dem zerstörten Dresden aufgenommen, später während des Ungarnaufstands sei ein junger Ungare zu ihnen gekommen und habe im Betrieb ihres Vaters eine Lehre absolviert. «Ich kam schon früh in Kontakt mit anderen Kulturen, das hat mich sicher geprägt.»
Weitere Infos über das Projekt gibt es hier.