Das Tojo Theater ist verdunkelt, auf der Bühne haben sich Matteo Fantoni, Carina Pousaz und Sara Venuti im Schneidersitz auf dem Boden für ein Interview eingerichtet. Alle drei haben die Scuola Teatro Dimitri absolviert und sind Mitglieder des Teatro Insonne. Fantoni und Venuti stammen aus Italien, Pousaz kommt aus dem Wallis.
Ihr Stück «Onirica» erzählt die Lebens- und Liebesgeschichte von Emma und Serafino. Die Szenen sind mit Akkordeon- oder Geigenklängen untermalt, gesprochen wird nicht, dafür mithilfe von Schattenspielen und cleveren Bühnentricks so manches traumhafte, poetische Bild geschaffen.
Euer Stück «Onirica» heisst im Untertitel «Arsenic Dreams». Arsen ist ein giftiges Halbmetall ‒ bekommt das Publikum Alpträume zu sehen?
Matteo Fantoni:
Na ja, es ist oft ein schöner Traum, aber gleichzeitig auch ein Alptraum. Man kann nicht sagen, er sei nur gut oder nur böse.
Carina Pousaz:
Der Mensch an sich macht einen Traum auch böse. Ein Mensch hat ja auch immer eine gute und eine weniger gute Seite.
Was sind denn «Arsenic Dreams», Träume aus Arsen?
P:
Wenn wir das erklärten, würden wir das Ende des Stücks verraten. Deshalb sagen wir lieber nichts dazu.
Es geht im Stück um Figuren, die sich zwischen Traum und Realität bewegen. Bringt dies für euch als Darstellende gewisse Herausforderungen mit sich, im Gegensatz zu einem Stück, das eine reale Geschichte erzählt?
F:
Wir machten keinen grossen Unterschied zwischen Traum und Realität. Es ist nicht nur ein Traum, den man auf der Bühne sieht, sondern es geschehen auch reale Dinge. Szenen rutschen immer mehr ins Traumhafte ab. Denn die Realität an sich existiert nicht, sondern jeder entscheidet über seine eigene Realität.
Warum tragt ihr Masken in eurem Stück?
F:
Um diese Geschichte zu erzählen, sind Masken die richtige Ausdrucksform. Wir spielen ausserdem auch ohne Worte.
Sara Venuti:
Wir haben bereits in der Ausbildung mit Masken gespielt und gearbeitet. Jede Maske braucht eine andere Art von Bewegung und Stil.
Ihr habt alle an der Scuola Teatro Dimitri euren Abschluss gemacht. Ist Schauspielerei nicht auch eine Flucht in eine Traumwelt?
P:
Ja klar, ich suche eigentlich den Charakter, den ich spielen soll, in mir selbst. Ich suche tief in mir drin, was ich finden kann, und natürlich kreiere ich dann mit diesem Charakter, den ich darstelle, eine ganze andere Welt um mich herum. Ähnlich wie bei diesen Computer-Games.
Im Stück «Onirica» geht es um Träume und geheimste Wünsche. Verratet ihr uns einen von euch?
(Matteo Fantoni steht auf und geht hinter einen Vorhang.)
P:
Das ist schwierig.
Als ihr euch mit dem Thema auseinandergesetzt habt, spielten da nicht auch eigene Träume und Wünsche eine Rolle?
P:
Ja und nein. Ich denke eher an gewisse Sachen, die man vom Leben erwartet, und Wünsche, die man sich erfüllt oder nicht. Wir zum Beispiel, wir haben ein Hobby zum Beruf gemacht, und Leute sagen, wow, du hast es geschafft, und manchmal denke ich, es ist super, dass ich es mache, aber es gibt auch andere Sachen, die ich verwirklichen möchte. Aber das Stück geht eigentlich mehr auch um negative, egoistische Wünsche und Denkformen. Aber ich will nicht zu viel verraten.
F:
(Inzwischen wieder ins Gespräch zurückgekehrt) Auf der Bühne ist klar, dass man von persönlichen Sachen ausgeht, aber danach schafft man Distanz dazu, damit es beim Publikum ankommt.
P:
Während der Vorbereitungen für das Stück habe ich mir gedacht: Nicht alle Träume sind schön, jeder Mensch hat ja zwei Seiten. Ich glaube, man muss akzeptieren, dass man auch böse sein kann. Wenn man das nicht akzeptiert, dann fangen die Probleme an.