«Bern hat mit den umliegenden Gemeinden fusioniert, ein Grossbern mit mehreren Hunderttausend Einwohnerinnen und Einwohnern ist entstanden. Die Gemeinde schliesst Gebiete wie Münsingen oder die urbanen Teile der ehemaligen Gemeinde Köniz ein. Die Dörfer, die früher zu Köniz gehörten, sind nicht dabei. Schliesslich ging es bei der Fusion nicht darum, pro forma ein Gebiet neu zu benennen, sondern darum, zusammenzufassen, was zusammengehört: einen Urbanraum.
Stichwort Urbanität: Früher herrschte in Bern ein kleinräumiges Denken, man hatte eine dörfliche Sichtweise auf das Zusammenleben. Wenn in einem Wohnquartier jemand vor einer Beiz nach 19 Uhr Musik machen wollte, dann wurde das nicht toleriert. Die Gewerbepolizei erhielt noch im Jahre 2012 Anrufe von Bürgerinnen und Bürgern, die sich beschwerten, der Nachbar dusche um halb elf Uhr abends. Seit die nationalen Umweltschutzgesetze geändert wurden, gibt es kein absolutes Recht auf lärmloses Schlafen bei geöffnetem Fenster mehr. Wer darauf besteht, der wohnt jetzt in Oberönz.
«Wer bei offenem Fenster schlafen will, wohnt jetzt in Oberönz.»
Claude Grosjean, Gemeinderatskandidat GLP
Frühere Segregationstendenzen hin zu Partymeilen und Einkaufsinnenstädten einerseits und Wohngettos andererseits wurden gestoppt. Heute finden Kultur, Verweilen und Einkaufen nicht nur in der Innenstadt, sondern auch in den Quartieren statt.
Überhaupt ist nach und nach eine 24-Stunden-Gesellschaft mit mediterranem Flair entstanden. Dazu beigetragen haben die Abschaffung der Polizeistunde, die totale Liberalisierung der Ladenöffnungszeiten und nicht zuletzt die Einführung eines durchgehenden Betriebs des öffentlichen Verkehrs.
Velo als Hauptbeförderungsmittel
Das Konzept des Individualverkehrs aus dem 20. Jahrhundert hat definitiv ausgedient. Tonnenschwere Autos, die leichte Menschen fortbewegen, sieht man in der Stadt nicht mehr. Das Velo ist zum Hauptbeförderungsmittel der Bernerinnen und Berner geworden. Komfortable und einladende Veloverbindungen in die ehemals «Agglomeration» genannten Quartiere Grossberns werden rege benutzt. Hindernisse wie Kreuzungen oder Ampeln sucht man vergebens.
«Autos sieht man in der Stadt nicht mehr.»
Claude Grosjean, Gemeinderatskandidat GLP
Pendeln über längere Distanzen ist out. Die Leute arbeiten in der Stadt und wohnen auch hier. Die Bauvorschriften wurden gelockert. Verdichtetes und auch günstigeres Bauen wurde möglich. Man hat zwar keine Hochhäuser à la Prime Tower in Zürich hochgezogen, baut aber heute statt Häusern mit fünf, sechs Stockwerken lieber solche mit zehn bis fünfzehn Stockwerken. Das grössere Angebot konnte den Anstieg der Mietzinsen stoppen. Dazu beigetragen haben auch die immer zahlreicheren Wohnbaugenossenschaften, die von der Stadt Bauland im Baurecht zur Verfügung gestellt bekamen, wie dies Zürich schon im 20. Jahrhundert erfolgreich vorgemacht hatte.
Energetische Selbstversorgung
Schaut man aus der Luft auf Bern, so sieht man auf praktisch allen Hausdächern Sonnen- und Warmwasserkollektoren. Und selbst die Energie kleinerer Bäche wird mittels Wirbelturbinen genutzt. Es hat sich gezeigt, dass nicht nur das Zeitalter der nuklearen und fossilen Energien zu Ende geht, sondern auch jenes der Energieversorgungsgiganten. Es sind vielmehr die urbanisierten Bernerinnen und Berner selber, die einen grösstmöglichen Teil ihres Energiebedarfs durch eigene Anlagen selber zu decken versuchen.»