Die Bar mit Babysitter

von Anne-Careen Stoltze 14. November 2012

Champagner für die Grossen, Sirup für die Kleinen: Die Bar Bonbec bietet neben Kaffee, Mittagstisch und Aperitif auch einen stundenweisen Hütedienst für Kinder an. Die Nachfrage danach ist offenbar gross und eine ähnliche Idee gab es auch schon für die Lorraine.

Mit Gitarrenmusik und vollem Haus haben Christina Bridel und Emmanuelle Gullotti am Wochenende die Eröffnung ihrer Café- und Apérobar Bonbec an der Rathausgasse gefeiert. Die beiden Frauen haben umgesetzt, was sich vielleicht schon viele junge Mütter und Väter gewünscht haben: Eine Bar mit Live-Musik, Kunst an den Wänden, Zeitschriften und Ruhe für Gespräche während der Nachwuchs gut versorgt ist.

«Die Nachfrage ist sehr gross, wir hätten unsere Spielgruppe jetzt schon voll.»

Emmanuelle Gullotti, Barbetreiberin

Hübsche Bars hat es in der Berner Altstadt einige, aber keine mit Kinderbetreuung. Eine Marktlücke? «Wir wollen die Apéro-Kultur auch für junge Eltern etablieren. Die Nachfrage danach ist sehr gross, wir hätten unsere Spielgruppe jetzt schon voll», sagt Emmanuelle Gullotti, die selbst Mutter eines dreijährigen Buben und ausgebildete Spielgruppenleiterin ist. Besonders in der kalten Jahreszeit wissen viele Mütter und Väter nicht wohin sie mit den Kindern gehen sollen. Zudem haben an Montagen die Geschäfte in der Rathaus- und Postgasse grösstenteils geschlossen.

Hütedienst verzögert sich

Am ersten Tag des Bonbec, am Montagnachmittag ist das neue Lokal indes voll, so dass sich die Kinderwagen unter den Lauben drängen. Im Moment müssen sich die Kinder allerdings mit der Spielkiste begnügen, denn der Hütedienst Petit Bonbec ist noch nicht geöffnet. «Wir müssen Eltern vertrösten», sagt Bridel. Und wie zum Beweis kommt eine junge Mutter mit Kinderwagen herein und möchte ihren Sprössling in Obhut geben. «Das geht leider noch nicht», sagt Bridel. Wegen einer fehlenden Bewilligung steht das Spielzimmer noch leer. Auf den Wänden sollen sich bald Tiere und Fabelwesen in einem Märchenwald tummeln, den die Berner Künstlerin Sophie Brunner malen wird.

«Weil wir den Raum anders nutzen wollen, müssen wir erst ein Baugesuch einreichen.»

Christina Bridel, Barbetreiberin

«Zuvor muss unser Baugesuch abgesegnet werden», sagt Bridel. Viel verändern wollen die beiden Hotelfachfrauen in dem Studio zwar nicht, nur etwas renovieren und streichen. «Aber weil wir den Raum anders nutzen wollen, mussten wir dafür ein Baugesuch einreichen.» Die Vormieter nutzten das Studio als Lagerraum. Zudem sind die Grundrisse so alt, dass nun ein Architekt alles neu zeichnen muss. Deshalb dauere die Bewilligung etwas länger als gedacht. «Mit viel Glück können wir die Kinderbetreuung ab Januar anbieten», sagt Gullotti.

Bis zu vier Stunden Babysitting

Von Montag bis Samstag können dann bis zu zehn Kinder im Petit Bonbec von 9 bis 19 Uhr von einer halben bis zu vier Stunden betreut werden. Der Stundentarif von 10 Franken liegt ungefähr auf Höhe von einer Stunde bei Tageseltern. Für die Erwachsenen wartet das Bonbec mit einer kleinen Karte auf, die auf regionale und frisch zubereitete Speisen setzt – zum Beispiel indisch gewürzte Teigrollen. Neben ausgesuchten Weinen stehen klassische und neu interpretierte Apérodrinks zur Auswahl. Das Café schmücken farbenfrohe Gemälde und Skulpturen von Atelier Rohling, die zum Verkauf stehen. «Wir wollen unbekannten Künstlern eine Plattform bieten», sagt Bridel. Dazu gehören auch Musiker, die im Bonbec auftreten werden.

Ähnliches Projekt in der Lorraine

Eine ähnliche Idee hatte die Berner Künstlerin Sibylla Walpen bereits im vergangenen Januar. Sie wollte zusammen mit zwei Kolleginnen ein Kindercafé in der Lorrainestrasse eröffnen. «Das war unser absoluter Wunschstandort: gegenüber des Parks, zwei Kitas in der Nähe.» Sie wollten allerdings keinen kostenpflichtigen Hütedienst anbieten, sondern «eher die Berliner Variante». Dabei spielen die Kinder und die Eltern sitzen zwar im gleichen Raum, können aber in Ruhe Kaffee trinken, Lesen oder sich unterhalten.

Die drei Frauen hatten ein entsprechendes Konzept geschrieben und sich bei den Eigentümern eines Ladenlokals beworben – zunächst mit Erfolg. «Sie waren ganz begeistert, doch als klar wurde, dass wir kleine bauliche Veränderungen vornehmen und eine Lüftung einbauen sowie ein Baugesuch einreichen müssten, haben sie kalte Füsse bekommen», erklärt Walpen. Daran scheiterte das Projekt, das zu diesem Zeitpunkt einmalig in Bern gewesen wäre.

Nach dem Start von Bonbec will Walpen nun erst einmal abwarten, «ob es in Bern Platz hätte für zwei solch ähnliche Angebote».