Die GaP ist in der Wahrnehmung der Stimmberechtigten der Wahlverein von Luzius Theiler. 1967 wurde er erstmals in den Stadtrat gewählt, von 2007 bis 2020 war er wieder Mitglied des Stadtrates, und jetzt kandidiert er erneut. Ist Eure Partei eine Einzelfirma?
Luzius Theiler wollte nicht mehr kandidieren. Wir haben ihn bekniet, es doch zu tun, weil er für uns wichtig ist mit seiner Erfahrung. Er hat sich unter der Bedingung dazu bereit erklärt, dass er die Wahl nur annehmen wird, wenn wir 2 Sitze machen.
Ihr seid Mitglied der Grünen Partei auf Bundesebene. Welchen Sinn macht es, in der Stadt Bern gleich 3 Parteien zu haben, die alle der gleichen nationalen Partei angehören? Wäre es nicht sinnvoller, die Kräfte zu bündeln und gemeinsam aufzutreten?
Diese Situation ist historisch gewachsen. Sie ist auch nicht falsch, denn Vielfalt ist wichtig. Es gibt neben den vielen Gemeinsamkeiten auch gewichtige Differenzen. So sind wir beispielsweise nicht in die RGM-Machtmaschine eingebunden. Es ist wichtig, dass es unabhängige Kräfte links von RGM gibt.
Aber die GaP kann im Stadtrat alleine ja nichts erreichen. Ihr könnt Dinge anstossen, Dinge kritisieren, aber durchsetzen könnt Ihr Euch nur mit Hilfe der RGM-Parteien. Wäre es da nicht einfacher, gleich im Innern einer bereits bestehenden grünen Partei zu wirken?
Um die RGM-Positionen durchzusetzen, braucht es uns nicht. Wir stellen andere Themen zur Diskussion oder gewichten bestehende Themen anders als die RGM-Parteien. Wir wollen uns auch keinem Stimmzwang unterziehen, wie er in der SP-Fraktion herrscht. Ich habe während meiner Zeit im Grossen Rat gesehen, wie wichtig kleine Linksparteien sind. Es war mir dort dank meiner Unabhängigkeit möglich, Referenden gegen das Sozialhilfegesetz und gegen das Polizeigesetz loszutreten. Aus Letzterem hat sich eine erfolgreiche Beschwerde ans Bundesgericht ergeben. Als Mitglied einer grossen Partei hätte ich erst die betreffende Parlamentsfraktion überzeugen müssen.
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Im Wahlprospekt schreibst Du: «Ich setze mich dafür ein, dass weniger Geld in Beton gegossen und mehr für die Menschen und die Natur gesorgt wird». Bekanntlich hat der Stadtrat fast alle Kürzungen im Sozialbereich abgelehnt, die vom Gemeinderat vorgeschlagen worden waren. Bist Du jetzt mit dem Stadtrat zufrieden.
Ja, das Ergebnis ist gut. Aber der Entscheidungsspielraum ist klein. Es ist einfach absurd, dass man in der Stadt Bern innerhalb von nur 7 Jahren 1,5 Milliarden Franken verbauen wird und der Stadtrat gleichzeitig darüber diskutiert, ob ein kleiner Zirkus im kommenden Jahr wie in den Vorjahren 10’000 Franken Unterstützung erhalten soll. Das ist Verhältnisblödsinn.
Eure Arbeit besteht oft in Abwehrkämpfen: Ihr wollt hier ein Projekt verhindern und dort etwas Bestehendes erhalten. Gibt es auch Dinge, die Ihr neu erreichen und umsetzen wollt?
Es ist heute die wichtigste Aufgabe, Schlechtes zu verhindern. Bei den andern Anliegen gibt es genügend Leute, die sich dafür einsetzen. Für mich sind das Erhalten von bestehendem Freiraum, von bestehenden Grüninseln und der Kampf gegen das Abholzen von Bäumen und für das Entsiegeln des Bodens die zur Zeit wichtigsten Anliegen.
In Eurem Prospekt bezeichnet Ihr Euch als «Gegengewicht zur RGM-Machtmaschine». Das gleiche behaupten auch SVP und FdP von sich. Welche Geschäfte dieser rechtsbürgerlichen Parteien wirst Du unterstützen, wenn Du wieder in den Stadtrat gewählt wirst?
Einer meiner politischen Schwerpunkte ist die Erhaltung von Freiflächen. Es gibt auch SVP-Mitglieder, die dieses Anliegen unterstützen. So wurde beispielsweise meine Planungserklärung für die Freihaltung des Egelmoos-Wyssloch-Tälis auch von Leuten aus der SVP unterstützt. Vergleichbare Vorstösse von ihrer Seite würde ich auch mittragen. Vorhandene Freiflächen dürfen nicht überbaut werden, auch nicht für Schulhäuser und Turnhallen. Wenn sich jemand dagegen wehrt, hat er meine Unterstützung.
Welche Ziele wird die GaP in zwei Jahren im Stadtrat umgesetzt haben?
Keines, denn der Stadtrat ist gar nicht handlungsfähig. Es geht im Durchschnitt zweieinhalb Jahre, bis ein Vorstoss überhaupt nur traktandiert wird. Ein anschauliches Beispiel ist ein Vorstoss von Luzius Theiler, mit dem er im Jahre 2014 erreichen wollte, dass die Bäume auf der Bundesterrasse nicht gefällt werden. Das Geschäft wurde 2016 einmal sowie 2017 zwei Mal verschoben und am 21. März 2017 schliesslich für erheblich erklärt. In diesem Zeitpunkt aber waren diese Bäume bereits gefällt.
Zur Zeit wären 370 Vorstösse zur Traktandierung bereit, aber sie werden nicht behandelt, weil der Stadtrat keine Zeit hat. Ein solcher Zustand ist mit den Grundsätzen einer Gemeindedemokratie nicht vereinbar. Ich verlange daher, dass der Stadtrat sich ab sofort zu wöchentlichen Sitzungen trifft, bis dieser gesamte Pendenzenberg abgetragen ist.