Der dreidimensionale Bau des menschlichen Körpers ist sehr komplex. Zukünftige chirurgische Fachärzt*innen sind auf Körperspender*innen angewiesen, um ihre Fähigkeiten zu trainieren. Denn bevor sie das Messer an Patient*innen ansetzen können, müssen Operationstechniken in Operationskursen geübt werden.
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Körperspenden für die Forschung haben in den vergangenen Jahren zugenommen, das Angebot ist grösser als die Nachfrage. Der 62-jährige Johann gehört zu den Menschen, die sich zu einer solchen Spende entschieden haben. Wir treffen uns an einem verregneten Samstagvormittag im Restaurant Petrus in Luzern zum Gespräch.
Du hast dich entschieden, deinen Körper nach dem Tod der Medizin zu vermachen. Was waren deine Beweggründe?
Anatomie ist von fundamentaler Bedeutung für angehende Medizinstudenten und Ärzte. Verstorbene werden seziert und die Studierenden lernen nicht nur Operationstechniken, sie lernen auch krankhafte Veränderungen zu entdecken. Ich fände es schade, die Leiche nicht zu diesem Zweck zu nutzen.
Wie reagierten deine nächsten Angehörigen auf dein Vorhaben?
Anfänglich entsetzt. Doch sie wissen, wenn ich einen Plan habe, ziehe ich ihn durch. Ich sehe es auch als Geschenk an die nächste Generation. Denn wo wären wir, wenn angehende Mediziner nirgends üben könnten?
Wie stehst du zum Thema Tod?
Der Tod ist ganz natürlich, denn das Leben ist ein ewiger Zyklus von Werden und Vergehen, dem auch wir unterworfen sind.
Du bist im falschen Körper geboren worden, fühlst dich als Frau. Wann wurde dir das bewusst und wie gehst du damit um?
Ich habe schon als kleiner Junge lieber die roten Strumpfhosen meiner Schwester nachgetragen, anstatt meine dunkelblauen. Seit einigen Jahren kleide ich mich wie ich möchte. Dazu gehören auch Miniröcke und Strumpfhosen. Die Blicke der Leute sind mir gleichgültig. Mode hat keine Grenzen.
Kann jeder Mensch seinen Körper spenden?
Meines Wissens ja, sofern er im vollen Besitz seiner geistigen Kräfte und volljährig ist.
Wie geht man vor, wenn man seinen Körper spenden will?
Wenn man seinen Körper dem Institut für Anatomie der Universität Bern überlassen will, muss man eine «Letztwillige Verfügung» hinterlassen. Die Hinterbliebenen können weder die Vereinbarung widerrufen noch einen verstorbenen Angehörigen ohne dessen Zustimmung für die Körperspende freigeben.
Dein Körper liegt nach deinem Tod konserviert auf einem kalten Chromstahltisch des Anatomischen Instituts der Universität in Bern und die Studentinnen und Studenten praktizieren operative Vorgänge mit dem Skalpell. Wie lange bleibt dein Körper dort für die Forschung?
Die Ausbildung der Medizinstudierenden in Anatomie dauert mehr als zwei Jahre. Es ist davon auszugehen, dass der Körper mehrere Jahre in der Anatomie verbleibt. Das kann bis zu drei bis vier Jahre dauern.
Müssen deine Angehörigen dereinst auf eine Bestattung verzichten?
Nein, nach Abschluss der Studien wird der Körper entweder von der Uni beigesetzt oder den Angehörigen zur Bestattung übergeben.