Das Museum auf dem Weg

von Christoph Reichenau 27. Januar 2022

Man kann nicht nicht kommunizieren. Wir alle wissen es. Wie das Museum für Kommunikation in Bern sein Thema versteht und mit seinem Publikum kommuniziert, zeigen sein Rückblick auf ein erfolgreiches Jahr 2021 und der offene Blick nach vorn.

Überraschung: Trotz der Einschränkungen durch die Pandemie und ohne Museumsnacht blickt das Museum für Kommunikation zufrieden auf 2021 zurück. Mehr als 80‘000 Besucherinnen und Besucher waren im Haus, darunter 1100 Schulklassen. Allein die bis Juni laufende Ausstellung «Super» zu unser aller Selbstoptimierung verzeichnete bisher 50‘000 Eintritte. Das Durchschnittsalter der Besuche lag leicht über 40 Jahren. Umgerechnet auf «normale Verhältnisse» wären wohl 100‘000 Eintritte erreicht worden – die Zielgrösse. Gut.

Erfreulich auch der Austausch des Museums mit dem Ausland. Eine Ausstellung konnte an das grosse Pariser Museum «Universcience» in La Villette verkauft werden: «Sounds of Silence» zum Thema Stille wird ab Ende 2023 während acht Monaten von einem Publikum von 3 Millionen Menschen zu sehen sein.

Gastgebende

Bewährt hat sich das Konzept der «Gastgebenden». Für Ausstellungen werden seit vier Jahren die diversen Funktionen der Kasse, Aufsicht, Führungen zusammengelegt. Jede Gastgeberin, jeder Gastgeber kann alles, ist stets up to date und flexibel einsetzbar. 20 Personen sind als Gastgebende fest angestellt, werden dafür von einer Fachperson aus- und fleissig weitergebildet. Dies hat zu einem gewissen Wechsel im Personalbestand geführt, der indes ohne Probleme verlief. Das neue Konzept, ein Berufsbild an dem manche Museen in der Schweiz und im Ausland Interesse bekunden, ist keine Sparübung, sondern – um ein Modewort zu verwenden – job enrichment für die Angestellten, deren Identifikation mit dem Museum dadurch wächst.

Berner Formel

Dank der «Gastgebenden» steigt die Qualität der Vermittlung. Das Museum für Kommunikation hat dafür die Berner Formel aufgestellt: E hoch 3 = P x M. Ausgedeutscht: Wenn Erlebnis, Erfahrungsaustausch und Erkenntnisgewinn zusammenkommen (E hoch 3), macht es das Museum (M) richtig für das Publikum (P). Natürlich ist das augenzwinkernd gemeint und die Anlehnung an Einsteins Relativitätsformel ironisch. Im Ernst: Wenn vom Empfang an der Kasse bis zur Beantwortung auch schwieriger Fragen alles auf die Besucherinnen und Besucher ausgerichtet ist, dann erreicht die Vermittlung der Museumsinhalte eine neue Qualität.

Hybrides Museum

Während der Einschränkungen der Pandemie haben wohl alle Museen auf vielerlei Art versucht, digitale Formen zu nutzen, um ihre Ausstellungen und Sammlungen dennoch zugänglich zu machen. Dies alles sind bisher Behelfe geblieben, um das Analoge – ein Objekt – via Internet anschaulich zu machen und zu erklären. Das Museum für Kommunikation schlägt in einem zweijährigen Projekt einen anderen Weg ein zum «hybriden Museum». Hybrid wird das Museum dann, wenn eine analoge Ausstellung in «das Digitale» hinein erweitert wird, etwa durch Zuschaltung zusätzlicher Erlebnismöglichkeiten oder Informationen. Oder wenn man aus der Distanz einen Roboter durch eine Ausstellung steuern kann, dessen Kamera Objekte übermittelt, wobei eine physisch anwesende Begleitperson individuell gestellte Fragen beantwortet. Wie weit dies Science Fiction bleibt oder neu eben hybride Realität wird, soll das Projekt ergeben.

Das Signet der Ausstellung Planetopia (ab November) (Bild: zvg)

Weltwandelsabkommen

Seit 50 Jahren steht die Nachhaltigkeit hoch oben auf der politischen Traktandenliste. In der Bundesverfassung sagt Artikel 73: «Bund und Kantone streben ein auf Dauer ausgewogenes Verhältnis zwischen der Natur und ihrer Erneuerungsfähigkeit einerseits und ihrer Beanspruchung durch den Menschen anderseits an.» Nachhaltigkeit hat eine ökonomische, eine ökologische und eine soziale Dimension. Zu letzterer gehört die Diversität in allen Formen und Bereichen. Das Museum für Kommunikation will dazu eine Haltung entwickeln, divers werden und sich der Vielfalt oder Vielgestaltigkeit verpflichten. Dazu gehört die Ausstellung «Planetopia – Raum für Weltwandel» ab November 2022. Dazu gehört die Anstellung von Menschen jeglicher Herkunft.

Und dazu gehört ein kleiner Marktstand, an dem jede und jeder, alt und jung, ein persönliches «Weltwandelsabkommen» (so heisst dies spielerisch-ernst) abschliessen kann: eine Selbstverpflichtung für konkretes Handeln oder Unterlassen mit dem Ziel, einen eigenen Beitrag zur Nachhaltigkeit, zur Diversität, gegen den Klimawandel zu leisten. Beharrlich. 97 Personen haben ihr Weltwandelsabkommen mit dem eigenen Gewissen vereinbart, im grossen Buch des Museums ist es festgehalten und unterzeichnet. Viele kleine Schritte, konsequent Tag für Tag gegangen, ergeben eine grosse Reise von heute nach morgen.

Fazit: Das Museum für Kommunikation ist unterwegs, dynamisch, vielfältig, auf der Suche, offen. Ein gutes Ergebnis im Rückblick, eine spannende Zukunft mit dem Publikum.