Das ist der neue Anzeiger Region Bern

von Christoph Reichenau 5. Dezember 2023

Lokaljournalismus Morgen erscheint der Anzeiger Region Bern im gewohnten Format, aber erstmals mit deutlich mehr journalistisch recherchiertem Inhalt. Er wandelt sich so von einem Publikationsorgan der Gemeinden zu einer Regionalzeitung.

Der Anzeiger Region Bern, wie er heute besteht, erscheint am 20. Dezember ein letztes Mal. Seine Trägerorganisation, der Gemeindeverband Anzeiger Region Bern, löst sich Ende 2023 auf. Ihm hatten zuletzt 16 Gemeinden angehört, darunter die Stadt Bern. Der Anzeiger Region Bern wird jedoch nicht eingestellt. Bereits morgen erscheint er unter altem Titel in neuer Form. Herausgeberin ist die SR Medien Group AG in Belp.

Regionalzeitung statt Amtsblatt

Gegenüber dem bisherigen Anzeiger Region Bern wird die neue Zeitung zwei grosse Unterschiede aufweisen: Einerseits fallen die amtlichen und nicht amtlichen Mitteilungen der Gemeinden weg. Einzig die Gemeinde Stettlen publiziert ihre Bekanntmachungen weiterhin im Anzeiger. Die übrigen tun dies in Zukunft ausschliesslich elektronisch auf der Plattform «epublication».

Neu umfasst jede Ausgabe auch zwölf Seiten redaktionellen Inhalt zu Politik, Wirtschaft, Gesellschaft und Kultur. Sechs fest angestellte Redaktorinnen und Redaktoren mit einem Pensum von insgesamt 420 Stellenprozent sind dafür verantwortlich. Hinzu kommen freie Journalist*innen sowie Gäste mit Kolumnen.

Der ehemalige «Bund»-Redaktor Fabian Christl leitet die Redaktion, für die auch Anina Bundi, Bettina Gugger, Léonie Hagen, Nik Egger und Linda Pfanner arbeiten werden. Die Kulturseiten bieten nicht nur Vorschauen, sondern auch Besprechungen und Texte zu kulturpolitischen Themen. Ausserdem soll das vollständige Kulturprogramm der Region auf einer neuen digitalen Plattform zu finden sein.

Der neue Anzeiger wird in der Gemeinde Stettlen in alle Haushalte verteilt, weil Stettlen seine amtlichen Mitteilungen nach wie vor dort veröffentlicht. In den übrigen Gemeinden kommt der Anzeiger nur in jene Briefkästen, die keinen Werbestopp-Kleber aufweisen. Er kann auch für 155 Franken pro Jahr abonniert werden. Der Verlag rechnet zum Start mit einer Gesamtauflage von 50‘000 Exemplaren.

Die Kosten von gut einer Million Franken sollen aus dem Ertrag aus Inseraten und allfälligen Zuschüssen gedeckt werden. Die Gemeinde Stettlen bezahlt für die Veröffentlichung der amtlichen Mitteilungen acht Franken pro Einwohner*in. Baupublikationen werden zusätzlich abgegolten. Ein Defizit geht vollständig zu Lasten des Verlags. Dieser hat zuvor auch die Defizite des Berner Kulturagenda getragen.

Drei Gründe für den Neuanfang

Der neue Anzeiger ist einerseits die Folge einer kantonalen Gesetzesänderung. Ab 2024 steht es den Gemeinden nämlich frei, ihre amtlichen Mitteilungen, statt im Anzeiger, nur noch elektronisch zu veröffentlichen. Im Gebiet des Anzeigerverbands Region Bern machen alle Gemeinden mit Ausnahme von Stettlen von der neuen Möglichkeit Gebrauch, Köniz nun schon seit einem Jahr. Ob dies ein Demokratieabbau ist oder möglicherweise eine Erleichterung für jene, die nun nicht mehr wöchentlich den Anzeiger zum Beispiel nach Baupublikationen durchforsten müssen, kann offen bleiben.

Andererseits ist der neue Anzeiger ein bewusster publizistischer Versuch. Er soll in der Region möglichst umfassend recherchieren, berichten und eigene Themen setzen. Damit ähnelt er dem vom gleichen Verlag alle zwei Wochen herausgegebenen «Berner Landboten», der sich als «Regionalzeitung von Belp bis Spiez und Riggisberg bis Zäziwil» versteht. Verleger Christof Ramseier ist überzeugt, «dass unser Gemeinwesen nur funktioniert, wenn die Bürgerinnen und Bürger eingebunden werden und sich aktiv daran beteiligen; dies wiederum setzt voraus, dass ihnen Informationen über die politischen Geschehnisse bereitgestellt werden.»

Dass der neue Anzeiger auch einen eigenen redigierten Kulturteil umfassen wird, ist eine Konsequenz des Entscheids des Trägervereins Berner Kulturagenda, die Zusammenarbeit mit der SR Media Group AG nicht fortzusetzen (Journal B berichtete). Der Verlag hat sich daher entschieden, selbst für eine Kulturberichterstattung zu sorgen. Sie fokussiert auf die Stadt Bern und die Region, blickt aber auch darüber hinaus.