«Es läuft gut», freut sich die Initiantin der Petition, Sonja Matter, Historikerin an der Uni Bern. In wenigen Tagen sind schon fast 6000 Unterschriften beisammen. Und es werden täglich mehr. Unter Politikerinnen, Frauenverbänden, Historikerinnen und Geschlechterforscherinnen wird die Bittschrift zur Rettung des Archivs rasant verbreitet und leidenschaftlich unterschrieben.
Den Schweizerinnen ihre Geschichte gerettet
Marthe Gosteli, die vor drei Jahren fast hundertjährig starb, arbeitete bis zuletzt in ihrem Archiv. Mit dessen Aufbau hatte sie 1982 begonnen. Es sollte ihr Lebenswerk werden, für das sie von der Uni Bern 1995 mit dem Ehrendoktortitel geehrt wurde.
In ihrem Elternhaus in Worblaufen, wo sie als Bauerntocher aufgewachsen war, sammelte und archivierte sie alles rund um die Geschichte der Frauen in der Schweiz: Jahresberichte von Frauenorganisationen, Nachlässe, Biografien von Politikerinnen usw. 2000 gab sie beim Stämpfli Verlag das zweibändige Werk «Vergessene Geschichte, Chronik der Frauenbewegung 1914 – 1963 heraus. Sie habe den Schweizerinnen ihre Geschichte gerettet, schrieb damals Franziska Rogger, Historikerin und Archivarin an der Universität Bern.
Als Marthe Gosteli vor drei Jahren starb, wurde sie im ganzen Land und sogar im Ausland als bedeutsame Figur der Schweizer Frauengeschichte gewürdigt. Ihr Werk müsse unbedingt erhalten bleiben, hiess es damals von links bis rechts. Nun ist dieses Lebenswerk in Gefahr.
Archiv und Standort wichtig
Das Archiv, das hauptsächlich mit Stiftungskapital der Gründerin aufgebaut wurde, und das gegenwärtig von einer Archivarin weitergeführt wird, ist in Geldnöten. Eine umfassende Digitalisierung wäre notwendig. Eine Motion des Wissenschaftsrats im Nationalrat, die Geld vom Bund forderte, lehnt der Bundesrat kürzlich ab. Deshalb haben nun fünf Forscherinnen eine Petition gestartet. Sie fordern ausdrücklich, dass nicht nur das Archiv gesamthaft erhalten bleibt, sondern auch, dass der Standort in Worblaufen bleibt. «Er steht symbolisch für den langen Ausschluss der Schweizer Frauen von staatlichen Institutionen», schreiben sie im Petitionstext. «Da die staatlichen Archive sich der Frauengeschichte nicht widmeten, übernahmen Frauen selbst diese Aufgabe. Das Gosteli-Archiv ist damit Zeichen der spezifischen Frauengeschichte der Schweiz».
Und warum keine Integration des Gosteli-Archivs beispielsweise ins Sozialarchiv der Schweiz? Genderforscherinnen sind dagegen. Céline Angehrn und Simona Isler, die eine Dissertation zur weiblichen Erwerbstätigkeit in der Schweiz geschrieben haben, sehen es so: «Seit dem 19. Jahrhundert brachten sich Organisationen und Vereine in das politische Geschehen der Schweiz ein. Der Organisierungsgrad der Frauen war immens. Diese Unterlagen fehlen in den staatlichen Archiven. Daher braucht es das Gosteli-Archiv unbedingt. Damit die Geschichte der Schweiz in ihrer ganzen Breite erforscht und verstanden werden kann».