Burgfeld: Vom Flieger- zum Überfliegerquartier

von Rita Jost 29. April 2019

Das Burgfeldquartier im Osten Berns ist gerade dabei, sich rasant zu verjüngen. Eine Quartierschule, ein trendiger Indoorspielplatz und neuerdings eine Natur- und Velospielanlage mit einem Pumptrack zeugen davon. Ein Augenschein am Stadtrand.

Dort wo die Mittelholzerstrasse und die Biderstrasse zusammenkommen, trifft sich neuerdings die Jugend von Bern-Ost mit ihren Dirt- und Mountainbikes, Scooters, Kick- und Skateboards. Dass die beiden Strassen am Rand der kleinen Allmend an zwei Flugpioniere erinnern, weiss kaum einer der Jugendlichen. Auch, dass hier einst die ersten Militärflugzeuge starteten und landeten, ist den Jungs und Mädchen auf ihren rollenden Untersätzen nicht bekannt. Sie drehen ihre Runden auf der neu angelegten Wellenbahn, übertrumpfen sich gegenseitig mit wilden Fahrten und spektakulären Tricks und geniessen den jüngsten Pumptrack auf Berner Boden.

Pumptrack? Die Hobbygärtner, die gleich nebenan in den Familiengärten ihre Beete ansäen, kennen dieses Wort nicht. Wie auch? Pumptracks sind eine ziemlich neue Attraktion. Seit kurzem entstehen sie aber gleich reihenweise, diese asphaltierten Rundkurse mit Wellen und Steilwandkurven. Pumptracks heissen sie, weil die rollenden Benutzer ihren Schwung nicht durch Pedalen oder Antreten holen, sondern ausschliesslich durch rhythmisches «Pumpen» mit dem Körper.

Ein Spielplatz… nach fast 100 Jahren

Der Track im Burgfeld ist 85 Meter lang. Die Initiative dafür ging von Quartierbewohnern aus, erzählt Stefan Stettler, Anwohner und Vater von zwei schulpflichtigen Töchtern. Jahrelang haben er und einige Mitstreitende sich für den Bau der Anlage eingesetzt. Schliesslich hat die Stadt das Anliegen aufgenommen und im Rahmen einer Belebung der kleinen Allmend einer Zwischennutzung zugestimmt. Die Ausführung wurde danach bei Profis in Auftrag gegeben. Der Track gehört nun zusammen mit einem Rasenfeld, einem Sandkasten, einem Grillplatz mit Bänken und Tischen zum Natur- und Velospielplatz kleine Allmend. «Damit hat die Stadt effektiv ein fast 100-jähriges Versprechen endlich eingelöst», sagt Stettler mit Blick auf eine erste Forderung, die laut Quartierarchiv bereits 1921 auftauchte.

Im Oktober 2018 war es endlich soweit. Mit einem Showfahren und dem Besuch des Stadtpräsidenten konnte der Rundkurs eröffnet werden. Damit hatte das Burgfeld eine weitere Kinder- und Jugendattraktion bekommen: Im der ehemaligen Industriehalle der Firma Zent am Südrand der Allmend hatten einige Zeit vorher Private in einem Kletterpark den Indoorspielplatz Bimano samt Restaurant eröffnet. Und wenige Meter weiter steht die Trampolinhalle «Skillspark», die bei Jung und Alt ebenfalls sehr beliebt ist. Seither pilgern kleine und grosse Kinder und Eltern in Scharen in diese Gegend. Zusammen mit der neuen Schulanlage, die im früheren Gemeindehaus an der Burgdorfholzstrasse in diesem Sommer eröffnet wird, hat das Quartier nun gleich drei Magnete für Familien mit Kindern. Dass mit der Eröffnung der Quartierschule und der Basisstufe sogar eine Strasse für den Verkehr gesperrt werden kann, ist ein zusätzlicher Trumpf.

Der Generationenwechsel

Es sind dies markante Zeichen für die Verjüngung des Quartiers. Dieses – entstanden 1859 durch die Eröffnung der Bahnlinie Bern-Thun – war nach den Boomjahren Mitte des letzten Jahrhunderts lange etwas überaltert. Vor rund 15 Jahren setzte jedoch ein Generationenwechsel ein. In viele der Bauten zogen junge Familien. Und damit – so Stefan Stettler – wurde auch der Bau des Natur- und Velospielplatzes plötzlich möglich.

So kommen nun also täglich zwischen 10 und 50 Jugendliche, um ihr Können auf der Wellenbahn zu testen. Die Kleinsten probierens mit dem Like-a-bike, die älteren mit dem Scooter oder dem Kickboard, und erstaunlicherweise gebe es auch bei intensiver Nutzung kaum Zusammenstösse, freut sich Stefan Stettler: «Im Gegenteil, die Kinder lernen hier auf einander Rücksicht zu nehmen und ihre Geschwindigkeit richtig einzuschätzen.»

Und was sagen die älteren Burgfeld-Bewohner zu diesem Zuzug an jugendlichen Radkünstlern? «Bis jetzt gab es keine Reklamationen», stellt Stefan Stettler fest. Der Platz liegt etwas abseits der Privatgärten, und – eben – das Quartier hat sich in letzter Zeit merklich verjüngt.

Dass es in nächster Zeit weiter an Attraktivität gewinnt, ist anzunehmen: Das ehemalige Bärenareal, ganz in der Nähe, ist eine Riesenbaustelle. Hier entsteht ein Geschäfts- und Wohnzentrum. Und falls Bern und Ostermundigen dereinst fusionieren sollten, wäre das Burgfeld dann plötzlich überhaupt kein Randquartier mehr. Ganz im Gegenteil.