An meinen ersten Besuch auf dem Bärner Wildpflanzenmärit erinnere ich mich gut: Ich fuhr mit meinem Fahrrad am Bundesplatz vorbei und staunte nicht schlecht, als ich die Pflanzenpracht sah. Frisch von Baselland nach Bern gezogen hatte ich einen gähnend leeren Beton-Balkon. Sofort wurde mir klar: Dieser musste nun in ein vorbildliches Insekten-Hotel umgewandelt werden.
Mein Traum vom grünen Balkon-Paradies sowie die Pflanzen überlebten den Monat leider nicht.
Gut beraten von einer äusserst freundlichen Fachperson kam ich topmotiviert mit einer grossen Tüte voller Wildpflanzen nach Hause, die besonders gut für Hummeln und Schmetterlinge sein sollten. Doch dann fuhr ich in die Ferien und vergass, meine damalige Mitbewohnerin über mein Projekt zu informieren. Mein Traum vom grünen Balkon-Paradies sowie die Pflanzen überlebten den Monat leider nicht. Zuhause empfingen mich nur noch ihre vertrockneten Überresten.
Über 300 Pflanzen seit mehr als 30 Jahren
Das Thema des diesjährigen Wildpflanzenmärits passt wunderbar zu meiner WG-Vergangenheit: «Symbiose», was so viel wie «Zusammenleben» bedeutet. «Es geht um die Zusammenhänge», erzählt mir Simon Bolz, «Ein Schmetterling kann ohne die entsprechende Pflanze nicht überleben, gleichzeitig wird die Pflanze von ihr bestäubt». Der eidgenössisch diplomierte Obergärtner und Naturgartenfachmann ist im Vorstand des Vereins «Bärner Wildpflanzen Märit» und seit über 20 Jahren mit seinem Bioterra-zertifzierten Unternehmen «Bolz Gartenbau» am Markt dabei.
Der Bärner Wildpflanzenmärit findet jeweils einen Tag vor dem Graniummärit auf dem Bundesplatz statt. Angeboten werden 350 verschiedene Arten einheimischer Wildpflanzen. Biodiversität steht im Zentrum des Marktes. Dabei wird geschaut, dass den interessierten Menschen der Zugang dazu relativ einfach ermöglicht wird, mit Infos und Angeboten von Partnerorganisationen wie Pro Natura. Den Markt selbst gibt es seit über 30 Jahren, bis vor zehn Jahren noch auf dem Waisenhausplatz, wo alles mit ein paar wenigen Märit-Ständen begann. Das Grundprinzip sei laut Simon Bolz dabei aber immer gleichgeblieben: Auf einer grossen Fläche präsentieren Produzenten*innen zusammen bio-zertifizierte einheimische Wildpflanzen. «Es sind nicht verschiedene Stände, sondern wir arbeiten zusammen und schauen, dass möglichst viele verschiedene Pflanzenarten vorhanden sind.»
Das erste Mal Theater
Die Nachfrage nach Wildstauden wird immer grösser: Pro Jahr verkaufen die Produzent*innen am Märit fünf bis zehn Prozent mehr. Die Nachfrage sei phänomenal, sagt Simon Bolz. In den Köpfen der Menschen passiere klar etwas. «Ich glaube, bei vielen Leuten ist das Bewusstsein nun da, dass man mit einem naturnahen gepflanzten Pflanzenchästli etwas für die Umwelt machen kann.» Lachend fügt der Münsinger hinzu, dass er hoffe, dass dies nicht nur eine Modeströmung sei. Er sehe für den Markt grosses Potential, das stetig ausgebaut werden könne.
Um das Thema «Symbiose» zu unterstreichen, wird am diesjährigen Wildpflanzenmärit das Thema Zusammenleben auch schauspielerisch aufgenommen. Laut Simon Bolz ist es das erste Mal, dass am Wildpflanzenmärit auch Theater gezeigt wird. Die Theaterproduktion «Die WER sie TÄT» mit Regie und Musik von Meret Matter gewährt während des Marktes zwischen den Ständen mit drei Aufführungen Einblick in das Leben der Pflanzen. So werden etwa auf spielerische Weise Symbiose, Biodiversität und clevere Strategien der Pflanzen erklärt, so dass jede*r sie verstehen und nachvollziehen kann.
Bärner Wildpflanzenmärit, Mittwoch 24. April, 7 bis 17 Uhr Bundesplatz Bern
Journal B unterstützen
Unabhängiger Journalismus kostet. Deshalb brauchen wir dich. Werde jetzt Mitglied oder spende.