Im engen, langen Gang stehen mehr als zwanzig Leute. Ich lehne mich auf der rechten Seite des Ganges an die Wand, damit auch die Personen hinter mir etwas sehen können. Rechts von uns gehen drei Türen ab in die Zimmer mit den Kajütenbetten, links hat es eine kurze Wendeltreppe in den unteren Stock sowie eine Nische mit Kochgelegenheit und einem Esstisch.
Am Ende des Ganges steht Sid im Türrahmen, ein fröhlicher Kerl mit tragender Stimme und kräftigen, tätowierten Armen. «So sieht es hier auch abends um zehn aus, wenn wir die Türen öffnen», sagt er und schmunzelt.
Dead End finanziert die Notschlafstelle
Sid arbeitet im Sleeper, der Notschlafstelle an der Neubrückstrasse 19 in Bern, gleich beim Hänkerbrünnli. Seine Besucher sind an diesem sonnigen, aber kalten Samstagnachmittag keine Obdachlosen, sondern die Teilnehmer der «Clubsafari» im Rahmen des ersten «Tags der offenen Clubtür». Eigentlich war der Sleeper gar nicht als Station dieser Safari vorgesehen, doch Tourenleiterin Gisela Feuz nahm das Interesse der Gruppe auf und klopfte spontan an die Tür des Dead End, des Clubs also, mit dessen Einnahmen der Sleeper und die dazugehörige Gassenküche mitfinanziert werden.
Vom Dead End geht es für die Gruppe weiter ins ISC. Der Konzertclub an der Neubrückstrasse 10 hat eine Geschichte, die mehr als 40 Jahre zurückreicht. Heute gehört das ISC zu den wichtigsten Konzertlokalen in der Stadt Bern. Die Leute werden hier von Samuel Berger empfangen. Berger ist Tontechniker und damit verantwortlich für den guten Klang an den Konzerten im ISC.
Alles tun für den guten Klang
Für die «Clubsafari» hat er die Berner Band «Call Me Ramsey» zu einen Soundcheck aufgeboten, um zu demonstrieren, wie der Weg zu diesem guten Klang aussieht. Zielsicher bringt Berger die Regler auf dem Mischpult in die richtige Position, erklärt, warum er der Stimme und Teilen des Schlagzeugs etwas Hall hinzumischt und wie sich die Musiker auf der Bühne hören können, obwohl sie hinter den Lautsprechern stehen.
In den lautesten Passagen erreichen «Call Me Ramsey» bei diesem Soundcheck um die 98 Dezibel. Diese Lautstärke ist normal für Konzerte in Bern. Und bereits drei Safaristationen zuvor hatten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer im Dachstock der Reitschule erlebt, wie sich die erlaubten 100 Dezibel – im Vergleich zu 80 Dezibel – anhören.
Auf die Frage aus der Gruppe, wieso denn die Musik überhaupt so laut sein müsse, antwortet der ausgebildete Tontechniker Mischu Loosli: «Es geht bei mancher Live-Musik und vor allem bei Partys darum, dass man die Musik nicht nur hört, sondern auch fühlt, wie die Bässe den Körper erzittern lassen.» Zudem erlebe der Körper ab 96 Dezibel das selbe Gefühl wie beim freien Fall, was einen zusätzlichen Reiz ausmache.
Lärmende Menschen auf dem Heimweg
Die ganze «Clubsafari» dauerte rund drei Stunden, war äusserst kurzweilig und führte vom Progr aus zu insgesamt fünf Berner Nachtclubs: Bonsoir, Dachstock, Bierhübeli, Dead End und ISC. Geschäftsleiter Nando Hepp gewährte im Bierhübeli einen Einblick in die Backstage-Räume und erklärte, dass der Lärm der Leute auf dem Heimweg oft das grössere Problem sei als die Musik im Saal.
Im Bonsoir haben die Safari-Reisenden erfahren, dass der Club an der Aarbergergasse pro Nacht «einen Durchlauf von bis zu 1000 Gästen hat». Und im Dachstock ergibt sich eine lebhafte Diskussion über die Sicherheit in und vor der Reitschule: Während die Betreiber das Konzept der «Wellness-Gruppe» genannten Security erklärten, erzählten einzelne Teilnehmerinnen von ihren eigenen Erfahrungen auf dem Vorplatz und in den verschiedenen Lokalen der Reitschule.
Besser als mit dieser «Clubsafari» kann man die Berührungsängste zum Berner Nachtleben nicht abbauen. Es scheint naheliegend, dass die Bar- und Club-Kommission Bern (BuCK) dieses Angebot weiterziehen wird – und künftig zum Beispiel speziell für Politikerinnen und Politiker sowie für die Leute in der Verwaltung solche Touren anbietet.